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SPD will Höppner die roten Socken wieder ausziehen

■ Bonner Genossen drängen Sachsen-Anhalts sozialdemokratischen Ministerpräsidenten zu einer Großen Koalition. CDU und CSU üben sich im Lagerwahlkampf

Berlin/Bonn/Magdeburg (taz) – Die Bonner SPD setzt in Sachsen-Anhalt weiter auf eine Große Koalition, und sie überläßt die Entscheidung darüber nicht dem Zufall. „Der Druck aus Bonn ist nach wie vor enorm“, räumte ein Spitzenpolitiker der Landespartei, der anonym bleiben wollte, gestern gegenüber der taz ein. Gerhard Schröder hat seinen Wunsch nach einer Großen Koalition am Wochenende mehrfach bekräftigt – er hat ihn jedoch immer freundlich formuliert. Er hoffe, so Schröder, daß noch nicht alle Türen für eine Zusammenarbeit mit der CDU zugeschlagen seien. „Nach dem Wahlergebnis muß eine stabile Regierung für Sachsen- Anhalt das Ziel bleiben.“ Nur einmal wurde der SPD-Kanzlerkandidat deutlicher: Der Kampf gegen rechts dürfe nicht mit den „falschen Bündnispartnern“ geführt werden, kritisierte er indirekt Ministerpräsident Reinhard Höppner.

Für den Fall, daß Gerhard Schröder und Oskar Lafontaine die Parteifreunde in Magdeburg nicht umstimmen können, hat SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering schon mal die Zustimmung der Parteiführung zu einer von der PDS tolerierten SPD-Minderheitsregierung signalisiert. Müntefering sagte gestern, die Parteiführung habe sich zwar eine Koalition mit der CDU gewünscht, die Landes-SPD müsse jedoch ihre eigenen Entscheidungen treffen. Er halte die Entscheidung für eine PDS-tolerierte Minderheitsregierung zwar noch nicht für definitiv, die SPD habe aber auch keine Angst davor.

Nach dem Scheitern der ersten Gespräche von SPD und CDU über eine Regierungsbildung in Sachsen-Anhalt am vergangenen Freitag haben die Christdemokraten neue Verhandlungen angeboten. CDU-Fraktionschef Christoph Bergner erklärte, wenn die SPD aufhöre, eine Zusammenarbeit mit der PDS gegen die DVU zur Voraussetzung für die Bildung einer Koalition zu machen, sei die CDU zu Verhandlungen bereit. Sie werde aber unter keinen Umständen der Forderung der SPD nachkommen, zusammen mit der PDS eine Vereinbarung zu treffen. Höppner dagegen möchte mit der CDU lediglich über den parlamentarischen Umgang mit der rechtsextremen DVU reden. „Ich bitte die CDU dringend, dazu zur Verfügung zu stehen“, sagte er. Höppner betonte jedoch, daß solche Gespräche keine Wiederaufnahme der Regierungsverhandlungen seien.

Die Bonner Koalitionsparteien sehen das Scheitern der Gespräche in Magdeburg mit Freude. Lange haben sie auf ein richtiges Wahlkampfthema gewartet, jetzt haben sie es endlich: den Lagerwahlkampf. Am Wochenende schossen CDU, CSU und FDP aus allen Rohren. Helmut Kohl warf der SPD vor, sie habe die Gespräche von vornherein scheitern lassen wollen. „Alle Beteuerungen von Herrn Schröder, in Sachsen-Anhalt eine stabile Regierung zu schaffen und nicht mit den früheren Kommunisten zusammenzuarbeiten, waren nur Schall und Rauch“, sagte der Kanzler. Seit diesem Wochenende könnten die „Show-Veranstaltungen“ von Schröder nicht länger darüber hinwegtäuschen, daß er mit den Grünen und auch mit Hilfe der PDS die Bundestagswahl gewinnen wolle.

Auch Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble warf der SPD unglaubwürdiges Verhalten im Umgang mit der PDS vor. „Wenn es konkret geworden ist, haben sich die Sozialdemokraten bisher noch immer für die Zusammenarbeit mit der PDS ausgesprochen“, sagte er. CDU-Generalsekretär Peter Hintze nannte das Verhalten der SPD in Sachsen-Anhalt eine „Ungeheuerlichkeit“. „Was Höppner uns da zumutet, ist die alte Antifaschismuslüge der SED.“ Für den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) ist die „umbenannte SED“ eine verfassungsfeindliche Partei. „Es ist ungehörig, eine Schande und widerlich, daß die SPD mit den Linksextremen gegen die Rechtsextremen angehen will“, sagte er. CSU-Chef Theo Waigel erklärte, es sei eine Schande, daß Reinhard Höppner mit den Kommunisten paktieren wolle, um an der Regierung zu bleiben: „Mit Gysi gegen Frey anzugehen – da sage ich pfui Teufel.“

Die SPD reagiert auf diese Äußerungen äußerlich gelassen. Das sei das einzige Thema, unter dem sich der „zerstrittene Haufen der Union“ doch noch versammeln könne, sagte Schröder. „Aber ein Lagerwahlkampf läßt sich gegen mich nicht führen.“ Jens König

Berichte Seite 2, Kommentar Seite 12

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