Auf Du und Du mit dem Geigenraub: Heute Plädoyers im Stradivari-Prozeß
■ War der Geigenschüler Vasile D. ein Anstifter beim Raub der teuren Geige?
Am heutigen Freitag werden in dem „Stradivari-Prozeß“, in dem es um den gewaltsamen Tod der Bremer Geigenlehrerin Maria Grevesmühl im Herbst 1996 geht, die Plädoyers erwartet. Der Rumäne Marin B. hat den Raub gestanden, will aber die Geigenlehrerin nicht bewußt an der Treppe „geschubst“ haben. Sehr unterschiedliche Aussagen hat es über die Frage gegegen, ob der mitangeklagte Lieblingsschüler der Geigenlehrerin, der Rumäne Vasile D., der „Anstifter“ zu der Tat war, wie es der Täter Marin B. anfangs einmal behauptet hatte. Am letzten Verhandlungstag war die frühere Freundin von Marin B. als Zeugin geladen.
Nach dem Gerichtstermin hatte sie den Geigenschüler Vasile D. schwer belastet. Vor laufender Kamera antwortete sie auf die Reporter-Frage, ob drei Tage zuvor in der Wohnung des Vasile D. eine Art Planungsgespräch für den Raub der teuren Geige stattgefunden habe, mit „Ja“. Nachfrage: „Hat Vasile D. an diesem Tag dem Marin B. gesagt, du mußt da und da hingehen, da kommt die Frau, da kannst du ihr die Geige wegnehmen?“ Antwort der Zeugin Olimpia Lipsi in gebrochenem Deutsch: „Ja, wann war bei Schule weggegangen, hat Marin gesagt, hat zum Beispiel von sieben bis acht bei Lehrerin Stunde, dann hat Marin gesagt, in welcher Zeit geht weg von der Schule ... Marin hätte keine Ahnung gehabt, wann geht weg von Schule diese Frau...“.
An jenem Abend sei sogar darüber gesprochen worden, daß es einen Käufer für die Geige gebe – den Mann, der sich nach dem Raub der Geige, bei dem die Geigenlehrerin zu Tode gestürzt war, bei der Polzei gemeldet hatte und den entscheidenden Tip auf den Täter Marin B. gab.
Mit diesem Interview bestätigt der Radio-Bremen-Mitarbeiter Dirk Blumenthal die unterschwellige Tendenz seines Films über den „Fall Stradivari“, den Geigenschüler Vasile D. als skrupellosen Anstifter zu präsentieren. Über diese Frage hatte es im vergagangenen Jahr eine heftige Auseinandersetzung in Bremen gegeben, insbesondere der Galerist Chris Steinbrecher hatte sich für den Geigenschüler eingesetzt.
Auch die Staatsanwaltschaft geht bisher nicht so eindeutig davon aus, daß Vasile D. als Anstifter mitschuldig ist. Die Zeugin hatte vor Gericht in der langen Befragung das auch so eindeutig nicht gesagt, sondern widersprüchliche Angaben gemacht. Vor Gericht war insbesondere nicht eindeutig gewesen, was sie an jenem Abend drei Tage vor der Tat selbst gehört hatte und was sie nur geschlossen habe aus Dingen.
Als möglicher Anstifter und Mittäter ist in dem Gerichtsverfahren auch ein anderer Geigenschüler, der damals geflohen war und deswegen jetzt nicht mitangeklagt ist, beschuldigt worden.
Prozeßbeobachter erwarten für heute mit Spannung das Plädoyer des Staatsanwaltes zum Fall Vasile D. K.W.
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