Nachgefragt: Lieber PDS als CDU?
■ Volker Kröning, MdB, zu der Wahl, vor der die SPD in Sachsen-Anhalt steht
taz: Die SPD steht in Sachsen-Anhalt vor einer Gewissensfrage: Hält sie es lieber mit der CDU oder lieber mit der PDS? Wie würden Sie sich entscheiden?
Volker Kröning, SPD-Bundestagsabgeordneter: Es ist überhaupt keine Frage von Liebe, sondern von kurzfristigen und langfristigen Kalkülen. Eine große Koalition ist, wenigstens zur Zeit noch, in Deutschland die unbeliebteste Regierungsalternative. Das muß vor allem die SPD, die die CDU überwinden will, berücksichtigen. Die PDS ist möglicherweise ein Zusammenarbeitspartner auf kommunaler oder auf landespolitischer Ebene.
Was man aber zudem als Ostdeutscher vor der gesamten SPD und im Hinblick auf die Bundespolitik nicht aus dem Auge verlieren darf: Die PDS hat sich noch nicht eindeutig von der SED losgesagt. Und sie kann zu einer linken Konkurrenz heranwachsen. Das darf sich die SPD um den Preis des Überlebens nicht leisten.
Gerhard Schröder scheint überhaupt nicht glücklich zu sein, daß er der CDU dieses Argument im Bundestagswahlkampf in die Hände spielt.
Natürlich. Und wir haben parallel einen Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern und einen Vorwahlkampf in Thüringen, und in beiden würde die SPD liebend gern ihre Rolle als Junior-Partner der CDU abschütteln. Da gibt Magdeburg natürlich Nährstoff für Hintze & Co ab. Was die Situation für Schröder und Lafontaine angeht und die Zeit weit nach der Bundestagswahl, gilt: Die SPD kann keine Konkurrenz auf Dauer auf ihrer Linken gebrauchen. Genausowenig darf sie jetzt in der Konkurrenz mit der CDU die Mitte freigeben. Wir müssen die organisieren, die vom Strukturwandel bedroht sind, aber genauso die Leistungsstarken, ohne die wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht garantieren können.
In Sachsen-Anhalt muß die SPD sich jetzt entscheiden, in welche Richtung sie deutlichere Signale gibt. Von Bremen aus betrachtet müßten Sie aber doch Ihren Freunden in Magdeburg sagen: Seht mal her, die große Koalition läuft wunderbar, da muß man keine Berührungsängste haben.
Naja.
Das würden Sie so nicht sagen?
Nein, so einfach ist es nicht. Auch die große Koalition in Bremen wird ihren Preis kosten. Sicherlich kann man auch mit Selbstbewußtsein eine große Koalition führen, insbeondere bei dem Abstand, der in Sachsen-Anhalt gegeben ist. Die CDU ist ja dort auf die Größe der PDS herabgesunken. Das hätte man nicht fürchten müssen.
Hat in Bremen die CDU in der großen Koalition Ihrer Partei etwas abgerungen, das für die SPD eher ärgerlich ist und gegen eine große Koalition spricht?
Nein. Das glaube ich nicht, im Gegenteil. Die SPD beginnt sogar die Scharte auszuwetzen, daß sie die „harten Ressorts“ Finanzen, Wirtschaft und Bau an die CDU abgetreten hat. Heute sieht es so aus, als würde eher die CDU in der Bremer Koalition verlieren als die SPD.
Fragen: K.W.
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