■ Was die Sozialdemokraten mit der Macht in Bonn anstellen wollen: Ausblick auf den Teilhabekapitalismus
Die SPD weiß wieder, was sie will. Vergessen scheint die Zeit der Verzagtheit an der sozialdemokratischen Mission. Wir werden gebraucht – und wir wissen warum. Dies war die Botschaft, die sich durch alle Düsseldorfer Reden zog. Wer darin nur einen Wahlkampftrick zu erkennen glaubt, irrt.
Tatsächlich macht sich die SPD auf, die Stellschrauben in der Politik in Richtung Teilhabekapitalismus neu zu justieren. Statt Kapitalismus pur soll dabei eine Marktwirtschaft herauskommen, in der dem Sozialen wieder einen eigenen, durch Politik gestalteten Stellenwert zukommen soll. Eine Wiederbelebung des etatistischen Konzeptes der traditionellen Sozialdemokratie ist damit nicht gemeint. Vielmehr machen sich die Sozis auf, die CDU mit den Waffen Ludwig Erhardts zu schlagen. Herauskommen soll eine Marktwirtschaft, in der Solidarität mit mehr Eigenverantwortung verknüpft wird.
Nach dem Wegfall der den Kapitalismus zivilisierenden Systemkonkurrenz, scheint die SPD-Führung – über alle sonstigen Differenzen hinweg – entschlossen, den Part des „Bändigers“ spielen zu wollen. Das von Schröder angepeilte neue „Bündnis für Arbeit“ zielt ebenso in diese Richtung wie der in NRW entwickelte „Ausbildungskonsens“. Die Probleme, wo immer es geht, in Kooperation mit der Wirtschaft zu lösen, lautet die zentrale Leitlinie dieser Politik.
Ob das auch für die die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gilt, steht dahin. Die Antwort kann nur der Bonner Praxistest geben, weil ein Blick auf die Bundesländer kaum weiterhilft. Über die Macht, das Ruder rumzureißen, verfügen die Länder nicht.
Von NRW aus wird die angestrebte Bonner Wende aber kräftigen Rückenwind erfahren, weil mit Müntefering und Clement künftig zwei Personen an der Spitze stehen, die gemeinsam ein breites Spektrum abdecken und den neuen Kurs personell geradezu verkörpern. Das wird nicht nur schwierig für die CDU, die in Düsseldorf Müntering via Bildfolge auf einem Großplakat zu Karl Marx mutieren ließ. Motto: „Die neue Mitte ist die alte Linke.“ Auch für die Grünen ist das Duo gefährlich, zumal Clement in seiner neuen Rolle als Ministerpräsident kaum noch zum grünen „Bösewicht“ taugt. Eine Rolle, die für die Grünen mitunter bequem war, weil die von Clement mitverantwortete Polarisierung half, die grüninteren Regierungsprobleme zu verdecken. Daß dieses Muster nun nicht mehr funktioniert, kann für Rot-Grün in Düsseldorf durchaus von Nutzen sein. Walter Jakobs
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