■ Cash & Crash: Castor läßt die Börse kalt
Hamburg (taz) – Castor und Angela Merkel treiben die Aktienwerte von atomaren Stromversorgern, wie RWE oder die Hamburgischen Electricitäts- Werke, in den Kurs-GAU – Shareholder value adé? Es kam anders.
Höchstens ein leichtes Stottern der nuklearen Börsenkurse konnte bemerkt werden! Die Hamburgischen Electricitäts- Werke (HEW) beispielsweise erfuhren freitags, am 15. Mai, vom Castor-Leck. Angesichts der aktienrechtlichen Publizitätspflichten der HEW hätte der Kurs der HEW-Aktie am folgenden Montag dann durchaus abstürzen können – theoretisch. In der Praxis sank er, wie der gesamte DAX, minimal von 510 auf 507 Mark. Inzwischen fährt HEW aber wieder auf seinem alten Hochkurs. Beim Rheinisch- Westfälischen Elektrizitätswerk (RWE) hatte zwar der Börsenmotor zuvor ein wenig gestottert, als peu á peu die castorianischen Lecks publik wurden. Aber insgesamt bewegte sich die RWE- Aktie so wie der gesamte Aktienmarkt. Am besten scheint die Castor-Merkel-Krise dem AKW-Hersteller Siemens bekommen zu sein: Sein Börsenwert flitzt seitdem fast doppelt so schnell wie der DAX bergauf!
„Irgendwelche negativen Auswirkungen schließe ich aus“, behauptet kategorisch eine Analystin der Bayerischen Vereinsbank. Und auch Siemens meint, daß die Auswirkungen eines Analysten-Frühstücks in New York viel größer seien. Investoren reagieren offensichtlich anders als die politische Öffentlichkeit!
Verantwortlich dafür sind auch die sogenannten Fundamentaldaten. So schafft der gigantische Geldüberhang im In- und Ausland immer neues Anlagekapital herbei, und obendrein verhilft die internationale Zinsflaute den Börsen zu weiterem Zulauf. Außerdem kann die Atombranche auf eigene Fundamentaldaten bauen: Seit Beginn der kommerziellen Nutzung der Atomenergie in Westdeutschland im Jahre 1972 stieg ihr Anteil an der öffentlichen Versorgung auf fast 40 Prozent. Hermannus Pfeiffer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen