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Stolpe - ein Stasi-Mitarbeiter

■ Der Bundesgerichtshof erklärt Aussage des Berliner CDU-Politikers Uwe Lehmann-Brauns, der Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe Stasi-Dienste vorwarf, für zulässig

Karlsruhe (taz/dpa) – Zum ersten Mal hat ein höchstes Gericht in letzter Instanz die Behauptung, Manfred Stolpe sei ein langjähriger Stasi-Mitarbeiter gewesen, für zulässig erklärt. Nach dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) kann der Berliner CDU-Politiker Uwe Lehmann- Brauns weiterhin äußern, daß der brandenburgische Ministerpräsident Stolpe als „IM Sekretär über 20 Jahre in Diensten der Staatssicherheit tätig“ gewesen sei.

Stolpe, der Wert auf sein reines Gewissen legt, wollte diese „unwahre“ Aussage verbieten lassen. Ihm ging es um die Frage, welche Vorwürfe sich ein Politiker im öffentlichen Meinungskampf gefallen lassen muß. Umstritten war dabei, ob man Lehmann-Brauns Äußerung als Tatsachenbehauptung oder Werturteil einstuft. Wäre sie eine Sachaussage, dann müßte der CDU-Politiker den Wahrheitsgehalt belegen, sonst läge eine Verleumdung vor. Bei einem Werturteil sind die Grenzen großzügiger, dann wäre nur die extreme „Schmähkritik“ verboten. Im Prozeß ging Lehmann-Brauns Anwalt Achim Krämer gestern aufs Ganze. Er versuchte zu belegen, daß Stolpe 20 Jahre „im Dienst“ der Stasi tätig war. „Wer seinen Gesprächspartnern von der Staatssicherheit über 20 Jahre hinweg zuverlässig Informationen lieferte, der diente der Stasi, weil er dienlich war.“ Stolpes Anwalt Olaf Brändel ließ das nicht gelten. „Stolpe war kein Dienstmann der Stasi, er hat nie die Seiten gewechselt.“ Zum Beleg reichte er eine Zeugenaussage von Altbundeskanzler Schmidt ein. Dieser will Stolpe einst aufgefordert haben, mit der Stasi über humanitäre Fragen zu verhandeln. Lehmann- Brauns Äußerung, die im April 1996 fiel, hatte bisher viermal die Gerichte beschäftigt. Dreimal verlor Stolpe, erst im vierten Anlauf – beim Brandenburger Oberlandesgericht – konnte er einen Erfolg verbuchen. Es verbot Lehmann- Brauns die „ehrverletzende Tatsachenäußerung“, ließ aber die BGH-Revision zu. Und der BGH entschied jetzt, die Äußerung ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt. (Az.: VI ZR 205/97 vom 16.6.1998)

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