: "Bedenkliche Nähe zu Rechten"
■ Für den "Vorrang für einheimische Arbeiter vor ausländischen Billiglöhnern" wollen mittelständische Baunuternehmer demonstrieren. Bauindustrie und IG BAU gehen auf Distanz
Durch den Aufruf zu seiner Demonstration am morgigen Donnerstag hat sich der Verband der mittelständischen Bauwirtschaft den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit zugezogen. Nachdem die Gewerkschaft BAU ihre Teilnahme bereits abgelehnt hatte, kritisierte gestern auch Michael Knipper, Hauptgeschäftsführer der deutschen Bauindustrie, die Stoßrichtung der Kundgebung. Die mittelständische Fachgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg fordert, „einheimischen Arbeitskräften Vorrang“ bei der Beschäftigung zu geben.
Bauindustrievertreter Knipper erklärte, diese Position stehe in bedenklicher Nähe zu den Parolen rechtsgerichteter Organisationen. „Ich fürchte, daß die Fachgemeinschaft mit dem Feuer spielt. Nur allzu leicht könnte sich ein Flächenbrand entwickeln“, so Knipper.
IG-BAU-Chef Klaus Pankau lehnt den Aufruf zur Demonstration der Bauunternehmer ab, weil Baukrise und Arbeitslosigkeit nicht mit einer Einschränkung der Freizügigkeit von Arbeitsimmigranten beizukommen sei.
Mit einem Autokorso von mehr als 700 Betonmischern, Baggern und LKW will die Fachgemeinschaft die Bundesregierung drängen, die „dramatischen Wettbewerbsverzerrungen auf dem deutschen Baumarkt zu beseitigen“. Darunter versteht Norbert Nickel, Sprecher der Fachgemeinschaft, daß ausländische „Dumpinganbieter und Billiglöhner“ den kleinen und mittleren Betrieben der Hauptstadt die Aufträge wegschnappen. „Die Demonstration richte sich aber nicht gegen ausländische Bauarbeiter“, so Nickel.
Rund 40.000 Bauarbeiter suchen in Berlin und Brandenburg einen Job, und die Umsätze der Bauunternehmen sinken. Damit die Betriebe konkurrenzfähig bleiben, ist die Fachgemeinschaft bereits aus den Tarifverträgen ausgestiegen. Jetzt verlangen die Baulobbyisten aus Wilmersdorf von der Bundesregierung, daß alle hier tätigen Arbeitsimmigranten dieselben Sozialversicherungsbeiträge zahlen sollen wie die deutschen Kollegen. Damit würden die niedrigeren ausländischen den höheren deutschen Löhnen angeglichen, wodurch die europäische Konkurrenz bei der Auftragsvergabe an der Spree schlechtere Karten hätte. Derartige Forderungen allerdings stoßen bei der wirtschaftsliberal gesonnenen Bundesregierung auf taube Ohren. Auch die Konzerne der Bauindustrie sind dagegen – beschäftigen sie doch gerne ausländische Subunternehmer, die ihrem Personal zehn Mark die Stunde zahlen.
Die Unternehmer-Demo wird am Donnerstag vormittag von Charlottenburg, Pankow, Zehlendorf und Lichtenberg zum Palast der Republik rollen und dabei den Verkehr weiträumig lahmlegen. Hannes Koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen