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Trasco – ein peinlicher Bremer Fall

■ Warum alle so sauer wegen Trasco sind: Wirtschaftsförderung „aus einer Hand“ steckte Trasco immer wieder freihändig Millionen zu / Am Ende freut sich vor allem die Dresdener Bank

Bremen soll seine „hanseatische Zurückhaltung“ in der Konkurrenz mit dem Umland aufgeben, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende, die Zeiten von „Friede, Freude, Eierkuchen“, seien vorbei, sagt der Wirtschaftssenator Josef Hattig in Achim, „ohne Rücksicht“ solle in Zukunft Gewerbe abgeworben werden aus dem Umland, kündigt Staatsrat Frank Haller an. Alles, weil die Firma Trasco ihre neuen Fertigungsanlagen im Gewerbegebiet Heilshorn im Kreis Osterholz bauen will und nicht zehn Kilometer weiter im Gewerbegebiet Klöckner-West.

Die bremische Reaktion ist aus mehreren Gründen sonderbar.

1. Hunde, die bellen ...

Wenn Bremens Wirtschaftsförderer bisher nicht ausgeschöpfte Mittel hätten, die Abwanderung eines Unternehmens zu verhindern oder ein anderes Unternehmen anzulocken, dann würden sie sicher nicht darüber reden, sondern es tun. Friede hat es nie gegeben. Schon vor vier Jahren hatte der damalige Finanzsenator Volker Kröning in einer Rede in Delmenhorst ähnliche Kraftsprüche gegen das Umland verbreitet und genauso wie in diesen Tagen nur die Atmosphäre verdorben. Hattig verhalte sich so „wie ein Insulaner, den das ihn umgebende Meer stört“, konterte Achims Bürgermeister und Landrat Christian Rippich (SPD).

2. „Landesgrenze hat auf den Umsatz keinen Einfluß“

Der Geschäftsführer des Bremer Trasco-Werkes hatte seinem Betriebsrat versprochen, „im Umkreis von 10 Kilometern“ einen neuen Standort zu suchen – am alten war das Werk zwischen Lesum und Eisenbahn nicht erweiterungsfähig. Da war das Gewerbegebiet Klöckner-West im Angebot, auf der anderen eines in Osterholz. „Da ist komischerweise eine Landesgrenze, die uns aber nicht interessiert“, formuliert der Trasco-Chef, „für uns ist eine Landesgrenze ein Phänomen, das auf unseren Umsatz keinen Einfluß hat.“ Die Mitarbeiter wollen nicht umziehen, das neue Gelände muß nahe an der Autobahn liegen, fertig. Eigentlich eine ganz normale Sache, die Arbeitsplätze bleiben bestehen, die Mitarbeiter bleiben Bremer Steuerzahler, soweit sie das bisher waren. Seit Jahren hat Trasco/alt weit weniger Steuern gezahlt als Subventionen bekommen, ein richtiger Verlust entsteht also auch nicht. Der Grund für die beleidigte Reaktion der bremischen Wirtschaftsbehörde muß woanders liegen.

3. Bremer Grundstückspoker: 50 Mark pro Quadratmeter

Bremen wußte genau, daß Trasco ein Angebot aus Osterholz hatte. 50 Mark pro Quadratmeter war deshalb das Kampfangebot für die Flächen im Industriepark West, obendrauf wurden Trasco 18 Prozent Zuschuß zu der geplanten 16 Millionen-Investition zugesagt. Diese hohe Förderungszusage sei notwendig, erklärte Staatsrat Haller in der Sitzung der Wirtschaftsförderausschüsse am 27.11.1997, „da konkrete Abwerbungsangebote aus dem Unmland vorlagen“ und auch, weil „die für den Automobilbau negativen Rahmenbedingungen (Umfeld der Hütte) kompensiert werden mußten“. Bei Standortalternativen außerhalb des Landes würden in diesem Fall und künftig „Ausnahmetatbestände“ angewendet, also höhere Zuschüsse genehmigt. Alle Fördermöglichkeiten seien ausgeschöpft worden, bekräftigte Haller. Daß Trasco trotzdem ging, muß wütend machen.

4. Bremen war für Trasco immer schon erfinderisch

Bremen hatte für die alte Trasco-Firma, die 1996 Konkurs anmelden mußte, erheblich mehr ausgegeben. Schon 1989 wollte Trasco neu erweitern und neu bauen, und der damalige Eigentümer, Geschäftsführer Johann Ackermann, erwarb für 5,51 Millionen Mark eine Fläche des verseuchten Mobil Oil-Geländes. Dort sollte, so die gemeinsam mit der Wirtschaftsbehörde entwickelte Idee, ein exportorientiertes Veredelungszentrum entstehen. Der verseuchte Grund sollte mit einer Platte einfach überdeckt und überbaut werden.

Aus einem vertraulichen Aktenvermerk des Wirtschaftsanwaltes Dr. Hörstel geht hervor, daß Ackermann 2 Millionen Mark des Kaufpreises bald zurückerhalten hat: Da kein Keller gebaut werden konnte, liege eine „Baubeschränkung“ vor, sei das Argument gewesen. „In Wirklichkeit handelte es sich um eine verdeckte Subvention auf den Kaufpreis“, schrieb Hörstel.

Im Vorfeld der Baugenehmigung wurde dann festgestellt, daß das Grundstück auf Bomben hin untersucht werden mußte, bevor es bebaut werden konnte. Trasco beantragte deshalb beim Wirtschaftssenator eine Zinsbeihilfe – und bekam in vierteljährlichen Raten jeweils ca. 180.000 Mark überwiesen. Begründung: Der Beibeginn verzögere sich wegen der Bedenken der Umweltbehörde. Allerdings hatte Trasco zu keiner Zeit einen Bauantrag gestellt, heißt es in dem Vermerk, „Haller hatte die Ausschüsse nicht richtig informniert“. Die Anwälte von Trasco haben später in einem Zivilverfahren erklärt, Trasco habe auf Anraten Hallers keinen Bauantrag gestellt.

Auch die 2 Millionen Ausgleichszahlung für angebliche beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten waren nur gezahlt worden unter der Voraussetzung, daß Trasco baut.

5. Ein schöner Immobiliengewinn auf Kosten Bremens

Trasco/alt baute bekanntlich nie, sondern kam u.a. wegen der horrender Grundstücksfinanzierungskosten in Schwierigkeiten. Während auf der Bremer Gallopprennbahn der „Große Preis von Trasco“ ausgelobt wurde, stützte 1995 die Bremer Wirtschaftsförderung den wackeligen Betrieb stillschweigend mit einer 50prozentigen Ausfallbürgschaft für einen Überziehungskredit bei der Bremer Bank bis zu 7 Millionen Mark.

Für genau 7,1 Millionen Mark verkaufte Trasco schließlich das ölverseuchte Mobil-Oil-Grundstück an die Umweltschutz-Nord GmbH, die diesem „Geschäft“ nur zustimmen konnte, weil ihr eine umfassende Refinanzierung durch die bremische Wirtschaftsförderung zugesagt worden war. „Dieser ungewöhnliche Deal sei nur zustande gekommen, weil Trasco-Chef Ackermann gute persönliche Kontakte uin die Spitze des Wirtschaftsressorts, das den Handel einfädelte, unterhält“, schrieb der Weser-Report im Juni 1997.

6. Der Coup der Dresdener

Als die Bremer Bank, Tochter der Dresdener Bank, die 7 Millionen in der Hand hatte, forderte sie sofort die restlichen Millionen-Bankschulden zurück und setzte den Konkursantrag durch. Daraufhin kam die mittelbare Dresdener Bank-Tochter Sachsenring auf den Plan und kaufte die Trasco-Konkursmasse billig auf.

7. Juso schlägt Haller

Wirtschaftsförderer im Kreis Osterholz ist Siegfried Ziegert, in Bremen als aktiver Juso bekannt, zuletzt auch Mitglied im Landesvorstand der Bremer SPD. Es gibt also viele Gründe, Ärber über Trasco und über den Kreis Osterholz zu verbreiten. Klaus Wolschner

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