: Bremen schrumpft planmäßig
■ Senat antwortete schon im Januar auf Bevölkerungs-Prognosen
Die durch die Veröffentlichung einer kleinen Broschüre entfachte Debatte um Bremens Einwohner-Wachstum hat die Fachleute wenig überrascht. Daß die Zahl 1997 gegenüber 1996 niedriger gewesen ist, hatte sich aus den noch nicht endgültig vorliegenden Zahlen bereits Ende 1997 angedeutet.
Anfang des Jahres 1998 mußten die Statistiker des Innenressorts auf eine Anfrage der Grünen zu dem Thema antworten. Die wollten offiziell wissen, von welchen Bevölkerungsprognosen denn der Senat ausgeht, wenn Gewerbegebiete, Kindergärten, Schulen und andere Infrastruktur-Planungen stattfinden. „Die langfristige Globale Planung befindet sich derzeitig in einer Fortschreibung und Aktualisierung“, antwortete der Senat Ende Januar. „Dabei ergeben sich erhebliche methodische Probleme...“
Hintergrund der methodischen Probleme: Die Statistiker vermerken in Bremen wie in allen Großstädten eine leicht sinkende Tendenz der Bevölkerung, der Finanzsenator hofft aber auf eine deutlich steigende Tendenz als Folge der Sonder-Investitionen. Deshalb sollen von den Statistikern „neue Ansätze gewählt werden“. Die aber glauben nur das, was sie in den Zahlen sehen. Die Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes prognostizierte 1992 für Bremen je nach Ausländer-Zuzug ein Absinken der Bevölkerung auf 686.800 in 1997, bei mehr Ausländerzuzug „nur“ auf 687.800 Einwohner. Während nach der Hoffnungskurve des Investitions-Sonderprogramms (ISP) dagegen längst ein klarer Bevölkerungsanstieg spürbar sein müßte, haben die wirklichen Zahlen für 1997 die Prognose sogar noch unterschritten: Das Statistische Landesamt zählte für 1997 nur 673.883 Einwohner. Die Prognose der Statistiker geht weiter bis auf 658.000 im Jahre 2005 zurück, eine aktualisierte Prognose müßte noch darunter liegen. Die Bremer ISP-Hoffnungskurve will dann die 700.000 deutlich überschritten haben. Da liegt das „methodische“ Problem des Statistischen Landesamtes...
Bei der Stadtentwicklung richtet der Senat, antwortete er im Januar 1998 den Grünen, zunächst einmal „alle Anstrengungen“ darauf, „den Schrumpfungsprozeß zu stoppen“. Wo es etwas kostet, nämlich beim Ausbau von Schulen, Kitas oder Krankenhausbetten, geht der Senat lieber von der Schrumpfungs-Prognose aus. Die pessimistischere Variante des Schrumpfungsprozesses, schrieben die Statistiker, also diejenige, die von einem geringeren Ausländer-Zuzug ausgeht, ist dabei die „realistischste“. K.W.
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