■ Greenpeace organisiert Verbrauchermacht für grünen Strommarkt: Angriff auf die Energie-Monopole
Bisher waren die Ökos die Dummen. Wer sein schlechtes Gewissen beim Verbrauch von Atomstrom entlasten wollte, konnte bei seinem Stromversorger auch einen „grünen Tarif“ bezahlen. Mit dem freiwilligen höheren Strompreis fördern die Stromkonzerne regenerative Energien. Alles blieb beim alten, und alle hatten ein gutes Gewissen. Dank Greenpeace können umweltbewußte Menschen nun sehr viel mehr bewegen – und es kostet erst mal nur eine Unterschrift. Mit der „Aktion Stromwechsel“ wollen die Umweltschützer Verbrauchermacht für einen „grünen“ Strommarkt organisieren.
Denn gegen Konkurrenz wehren sich die Stromkonzerne mit Händen und Füßen. Anders als bei der Liberalisierung bei der Telekommunikation geht es beim Energiemarkt kaum voran: Beim Telefonmarkt geht es um das Schleifen eines lukrativen staatlichen Monopols durch Private – pikanterweise unter Führung der Stromkonzerne. Beim Strommarkt dagegen müssen private Gebietsmonopole vom Staat aufgebrochen werden – eine Aufgabe, die die Bundesregierung nicht leistet. Sie überläßt die Vereinbarungen über Angebot und Durchleitung von fremdem Strom der Verhandlung zwischen den Konzernen und ihren Konkurrenten. Da die Stromkonzerne natürlich nicht freiwillig von ihren Machtpositionen abrücken wollen, müßte eine staatliche Deregulierungsinstanz analog zur Telekom-Behörde für Wettbewerb sorgen.
Das passiert allerdings nicht. Denn bisher ist der Staat mit der Energiewirtschaft aufs engste verflochten. Schließlich sind die 60jährigen Gebietsmonopole für die Stromkonzerne das Ergebnis der Kriegsvorbereitungen der Nazis; schließlich stieg die Stromwirtschaft auf Drängen der Politik in die Atomwirtschaft ein; schließlich hält vor allem die Politik aus Bund und Ländern der Atomwirtschaft die Stange; und schließlich hielt und hält der Staat in Form dieser Körperschaften große Aktienpakete und Aufsichtsratsposten an den Energiekonzernen. Was der solcherart elektrisierte Staat daher nicht zuwege bringt – eine Entflechtung von Politik und Kapital –, versucht nun Greenpeace: eine Initiative aus der Gesellschaft. Einer rot-grünen Bundesregierung sollen möglichst viele Unterschriften klarmachen, daß es nicht nur um einen Ausstieg aus der Atomkraft, sondern um eine Neuordnung auf dem Strommarkt und ein neues Verhältnis zwischen Staat und Energiewirtschaft geht. Der Angriff auf die Strommonopole durch den „Stromwechsel“ könnte der Anfang vom Ende für den Atomstaat Deutschland sein. Bernhard Pötter
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