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■ Wahrheit-Service zum Thema Lebensmittelkunde: WalfleischDer Welt größtes Filet

Daß die Freilassung des Wales Keiko ein gut ausgedachter Werbegag ist, die dem Tier womöglich eher schadet als nutzt, darf als bewiesen gelten. Was man jedoch sonst mit dem Säuger hätte tun sollen, ist eher umstritten. Ein isländischer Journalist erklärte jedoch vor einigen Tagen, es sei wohl am sinnvollsten, aus Keiko 60.000 Fischfrikadellen zu machen und die dann in den Sudan zu schicken.

Was ernährungsphysiologisch durchaus durchdacht ist. Denn Walfleisch enthält zwar mit 4,1 Prozent vergleichsweise wenig Fett, dafür jedoch mit 27 Gramm pro 100 Gramm sehr viel Protein, darüber hinaus ist es sehr eisenhaltig. Vitamin A und die Vitamine der B-Gruppe kommen in der gleichen Häufigkeit vor wie in anderen Fleischsorten. Untersuchungen der in Walen vorkommenden Fettsäuren zeigten, daß es Bestandteile enthält, die Herzkrankheiten und Arterienverkalkungen vorbeugen können – bei Eskimos kommen Herzkrankheiten kaum vor.

Walfleisch ist zwar ähnlich teuer wie anderes Fleisch, aber gräten- und knochenlos, d.h. es besteht kaum aus Abfall und ist daher ein vergleichsweise billiges tierisches Lebensmittel, es kann sehr gut konserviert, d.h. eingefroren oder in Dosen gepackt, werden. Vor walfleischgenußbedingten Krankheiten muß man sich auch nicht fürchten: In Norwegen wird das Lebensmittel, das an Bord der Fangschiffe gut gekühlt aufbewahrt werden muß, beispielsweise penibel veterinärärztlich untersucht, bevor es in den Verkauf gelangen kann.

Der isländische Keiko-Verwertungsvorschlag stellt allerdings, rezeptuell gesehen, nicht unbedingt den kulinarischen Gipfelpunkt dar. Man muß einen Keiko nicht durch den Wolf drehen, um anschließend Fischfrikadellen zuzubereiten, denn: „Walfleisch ist immer zart – und der Welt größtes Filet“, so wirbt eine norwegische Rezeptbroschüre. Walfleisch, das aussieht wie Hirschfilet und ihm im Geschmack auch ähnelt, ist dem Fleisch anderer Säugetiere, wie z.B. dem Rind, sehr ähnlich, deswegen kann es auch genauso zubereitet werden. In Norwegen, neben Japan das einzige Land, in dem es derzeit möglich ist, in ein Geschäft zu gehen und „300 Gramm Wal“ zu verlangen, empfiehlt die in den Supermärkten umsonst erhältliche Broschüre „Neue Fleischmahlzeiten – mit Walfleisch!“ sechs verschiedene Gerichte: Rotweinmariniertes Steak etwa, Geschnetzeltes mit Gemüsegarnitur, Waltopf mit Pilzen, Finnmarktopf (mit Holunderbeeren) – mit dem in älteren DDR-Kochbüchern vorgeschlagenen „Wal, gebraten“ und „Wal, gekocht“ hat dies nur wenig zu tun.

Obwohl besondere Kochkenntnisse für die Walzubereitung wohl nicht erforderlich sind. Der „Alltagstopf“, berechnet für vier Personen, geht so: 600 Gramm Walfleisch, 3 Möhren, 250 Gramm Kohlrüben und ein wenig Sellerie, falls man dessen Geschmack mag, werden kleingeschnitten, eine mittelgroße Zwiebel gehackt. In der Zwischenzeit bringt man 200 ml gesalzenes Wasser zum Kochen und legt das Gemüse dann hinein. Das zuvor in einer Pfanne mit den Zwiebeln angebratene Walfleisch kommt dann dazu, alles wird ungefähr 10 Minuten lang gekocht, bis das Gemüse durch ist. Anschließend würzt man das Gericht „mit allem, was man gern mag“.

Keiko ist allerdings nicht dazu geeignet, auf dem Teller zu landen. Ältere Tiere können penetrant nach Tran schmecken, daher muß beim Einkauf großer Wert auf richtige Beratung gelegt werden. Elke Wittich

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