: UNO berät erneut über Kosovo
■ Nach Berichten über ein Massaker sucht der Sicherheitsrat eine gemeinsame Haltung. Solana rechnet mit russischer Zustimmung, wenn sich die Berichte als wahr herausstellen
Brüssel/New York (AP/AFP) – Nach Bekanntwerden der jüngsten Greueltaten im Kosovo streben UNO und Nato eine baldige Entscheidung über eine Intervention an. Der Weltsicherheitsrat traf gestern in New York zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, um über die Massaker an Kosovo-Albanern zu beraten und eine einvernehmliche Haltung herbeizuführen. Am Dienstag waren in der Region Drenica im Kosovo Bilder von 18 aus nächster Nähe getöteten Menschen gezeigt worden.
Der scheidende Bundesaußenminister Klaus Kinkel nannte die Meldungen über Greueltaten jugoslawischer Sicherheitskräfte schockierend. „Der Vorgang muß lückenlos aufgeklärt, die Urheberschaft der Massaker eindeutig festgestellt werden“, sagte Kinkel, der gestern in Bonn mit dem SPD- Vorsitzenden Oskar Lafontaine über die Lage im Kosovo sprach.
Kinkel sagte, der Sicherheitsrat habe in seiner jüngsten Resolution indirekt militärische Aktionen nicht ausgeschlossen. UN-Generalsekretär Kofi Annan müsse spätestens bis kommenden Mittwoch seinen Bericht darüber vorlegen, ob die Regierung in Belgrad die in der Resolution gestellte Forderung nach einem Truppenabzug erfüllt habe. Hingegen bekräftigte der italienische Außenminister Lamberto Dini, eine Militäraktion sei ohne UN-Mandat undenkbar.
Auch Kofi Annan verurteilte das Massaker scharf. Er sei besonders schockiert, da der jugoslawische Außenminister ihm gegenüber noch am Dienstag jede serbische Verantwortung für Greueltaten abgestritten habe.
Nato-Generalsekretär Javier Solana forderte im britischen Rundfunksender BBC zu einer „gemeinsamen Reaktion“ auf die Gewalttaten in der serbischen Provinz auf. Der UN-Sicherheitsrat solle feststellen, daß der jugoslawische Präsident Slobodan Milošević die Resolutionen der UNO mißachtet habe. Solana sagte weiter, er sei überzeugt, daß Moskau keine isolierte Position beziehen werde, wenn sich die Berichte über das Massaker als wahr herausstellten. In den USA verdichten sich Hinweise auf einen Angriff der Nato, mit dem Milošević zur Einhaltung der UN-Resolution gezwungen werden soll. James Foley, der Sprecher des Außenministeriums, sagte in Washington, die Entscheidung darüber könnte bald erfolgen, falls sich die Situation in der serbischen Provinz nicht rasch ändere. Seinen Angaben zufolge wurden einige serbische Einheiten aus dem Kosovo abgezogen, andere wurden lediglich innerhalb der Provinz verlegt. Aus US-Regierungskreisen verlautete, die Geduld der USA gehe zu Ende, da erkennbar werde, daß Milošević die Botschaft nicht verstehe.
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