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Ausbildung nach dem Rotationsprinzip

Fünfzehn ausländische Betriebe in Hamburg teilen sich ihre Lehrlinge  ■ Von Judith Weber

Einen halben Auszubildenden könnte der Betrieb vertragen. Vielleicht zwei Drittel, mehr aber geht nicht, da sind die deutschen Ausbildungsverordnungen vor. „Die meisten ausländischen Unternehmer sind kleine Gewerbetreibende“, erklärt Mehmet Keskin, Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft türkischer Unternehmer und Existenzgründer“. So klein sind die Firmen, daß sie die Kriterien für Ausbildungsbetriebe nicht erfüllen; von den rund 250 türkischen Unternehmen in Hamburg dürfen viele keine Lehrlinge einstellen.

Denn drei Jahre beim Juwelier machen noch keinen Einzelhandelskaufmann. Wohl aber zweieinhalb, wenn die restliche Zeit in einem anderen Betrieb verbracht wird, wo fehlende Inhalte nachgeholt werden. 15 ausländische UnternehmerInnen in Hamburg haben sich deshalb zu einem Ausbildungsverbund zusammengeschlossen. Sie wollen ihre Lehrlinge jeweils für einige Wochen oder Monate untereinander austauschen.

„Praktisch ist das“, findet Gülea-har Sayir, die sich in einem der Verbundbetriebe zur Bürokauffrau ausbilden läßt. „Ich lerne mehr als nur einen Betrieb kennen.“ Bei der Firma „HVS“ in Borgfelde, wo Sayir ihren Vertrag unterschrieben hat, bleibt sie zunächst ein Jahr lang. Dann geht sie in ein anderes Unternehmen – vermutlich wieder ein türkisches. „Die meisten Unternehmer stellen gerne Jugendliche ein, die ihre Sprache sprechen“, erklärt Keskin. „Schließlich haben sie viele ausländische Kunden.“

Neben den türkischen Betrieben beteiligen sich auch ein pakistanischer und ein indischer Geschäftsmann an dem neuen Verbund. Eine Immobiliengesellschaft ist dabei, drei Reisebüros, ein Juwelier und ein Unternehmensberater, außerdem eine Versicherungsvermittlung und drei Gemüsehändler.

Partnerbetriebe müssen nicht unbedingt aus der gleichen Branche kommen, findet Willi Kominek vom Hamburger Bildungszentrum (HBZ). „Es ist auch denkbar, daß Handwerker für einige Wochen Bürokaufleute ausbilden.“ Das HBZ unterstützt den ausländischen Ausbildungsverbund, indem es den Jugendlichen Kurse in Buchhaltung und Rechnungswesen anbietet. Die werden von der Stadt bezuschußt, wie es im rot-grünen Koalitionsvertrag steht.

Deutsche UnternehmerInnen blicken halb bewundernd, halb mißtrauisch auf den ausländischen Verbund. „Ich finde das prima. Meine Lehrlinge gehen auch regelmäßig in andere Betriebe“, berichtet Hans-Werner Trapp, Inhaber einer Firma für Radio- und Fernseh-technik. Doch viele Unternehmer scheuen die enge Zusammenarbeit mit anderen Firmen: Sie haben Angst, daß fremde Lehrlinge in ihrer Finanzabteilung herumschnüffeln und Geheimnisse ausplaudern, kaum daß sie wieder an der heimischen Werkbank stehen. Die ausländischen Verbundbetriebe haben noch keine derartigen Bedenken geäußert, berichtet Keskin. „Die Deutschen denken in diesem Punkt zu kompliziert.“

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