: Kahrs „zwischen Baum und Borke“
■ Parlamentsdebatte zur Bildungspolitik: Grüne sehen SPD-Senatorin unter CDU-Druck / Kahrs: Usus „braucht Gewöhnung“
Die Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) suche einen Weg „zwischen Baum und Borke“, spottete gestern in einer bildungspolitischen Debatte der Bremer Bürgerschaft der grüne Abgeordnete Helmut Zachau. Getrieben von der CDU, die eine ganz andere Bildungspolitik wolle, vergesse Kahrs sozialdemokratische Grundsätze, kritisierte Zachau.
Der CDU-Bildungspolitiker Klaus Bürger hatte unter der Überschrift: „Qualität und Effizienz schulischer Bildung jetzt verbessern“ die Debatte im Landesparlament angemeldet und eine lange Liste von Kritik-Punkten aufgereiht, die ihn fast als Oppositions-Redner erscheinen ließen. Er mahnte das Controlling über die Verwendung der Lehrerstunden an und kritisierte „fehlende Schulaufsicht“. Die Senatorin lasse sich beim Schulvergleichstest Usus „von der GEW auf der Nase herumtanzen“, meinte Bürger, und trage „wenig dazu bei, die Bereitschaft für solche Tests zu erhöhen“. Die Schulbehörde müsse ihre Anordnungen auch durchsetzen. Bürger erinnerte an die alte CDU-Position, daß Sek-II-Schulzentren mit den teuren, einzügigen Gymnasialklassen aufgelöst werden müßten.
Das sei die alte preußische Anordnungsschule, kritisierte Zachau diese CDU-Position. Nach dem Schulgesetz sei es heute so, daß die Behörde die Schulen bei der Erfüllung ihres Bildungsauftrages berate und im Stile „mobiler Einsatzkommandos“ operieren sollte. Die CDU habe die Verstärkung der „Grundversorgung“ durchgesetzt. Das gehe zu Lasten der besonderen Förderbedarfe etwa für Aussiedler- und Ausländerkinder und sei eine Politik für die privilegierten Schulen in den bildungsbürgerlichen Stadtteilen.
Auch die Leistungs-Tests Usus würden nur Kenntnisse in den Kernfächern Rechnen, Deutsch und Englisch abfragen. Die Zielsetzung von Usus sei nicht im Dialog mit den Schulen entwickelt worden, es gebe auch keine wissenschaftliche Begleitung.
Und sei es das Ziel der Senatorin, einer Schule in einem schwierigen Stadtteil als Folge ihres absehbar schlechten Abschneidens bei Usus dann zusätzliche Förderbedarfe zu bewilligen? Keineswegs, die Förder-Stunden waren ja im Vorfeld von Usus gerade gekürzt worden. Die Bildungsforscher des Max-Planck-Instituts, die bundesweite Tests machen, würden natürlich berücksichtigen, wie hoch zum Beispiel das Sprachvermögen der SchülerInnen ist und welche Lernfortschritte die Schule unter schwierigen Bedingungen erreicht. Davon sei Usus weit entfernt, kritisierte Zachau und warf der SPD-Senatorin vor, schlicht unter dem Druck der CDU zu reagieren: „Sie verstärken die alten Bildungsprivilegien.“
SPD-Sprecherin Helga Jansen ging auf die Kritik Zachaus nicht ein, sondern referierte über Chancengleichheit und andere Grundsätze sozialdemokratischer Bildungspolitik, an die Zachau die Senatorin gerade erinnert hatte. Auch Bringfriede Kahrs widersprach der Kritik von Zachau in der Sache nicht, auch nicht in Bezug auf mögliche Folgen von Usus. Sie zeigte dafür Verständnis für die halbherzige Durchführung der Tests an den Schulen: „Es braucht Gewöhnung“, formulierte sie. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen