■ Querspalte: Nudossi
Wer jemals von einer Frau beauftragt wurde, ihr Nutella mitzubringen und dann mit irgendeiner anderen Nuß-Nougat- Creme zurückkehrte, weiß, daß das keine gute Idee war: Wer mit Nusspli, Käpt'n Nuss, Milky-Way-Creme oder einem anderen Erstatzstoff angekleckert kommt, darf sich das Zeug später vom Gesicht wischen und sich darüber hinaus Vorträge über seine Ahnungslosigkeit halten lassen.
Diese einschneidende, wichtige und fundamentale Lebenserfahrung hat der Westdeutsche dem Zoni voraus, denn der Zoni hatte kein Nutella, sondern eine Streichmasse namens Nudossi. Kurz nach dem Ende der Zone wurde das Produkt vom Markt genommen – jetzt aber soll es zurückkehren. Ab nächsten Herbst will die Radebeuler Firma Vadossi die Zonentraditionspaste Nudossi wieder herstellen, denn die Nachfrage nach Nudossi ist groß.
Wer oder was aber war Nudossi? Eine repräsentative Telefonrecherche unter Ostdeutschen ergibt nichts Gutes: „Das war wie ranziger Kitt“, teilt eine Brandenburgerin mit, „oder zumindest so, wie ich mir ranzigen Kitt vorstelle.“ Ihr Mann ergänzt: „Je widerlicher ein Schokoladenprodukt aus dem Osten war, desto besser ist heute sein Ruf. Die Schlagersüßtafel aus dem VEB Roter Stern in Saalfeld zum Beispiel wurde aus Mangel an Kakao mit Ochsenblut hergestellt. Und Zitronat wurde aus Gurken gemacht. Aber als Vertreter des ostdeutschen Teilvolks verspreche ich dir: Wenn's das Zeug wieder gibt, werden sich die Ossis drauf stürzen. Wenn in Brandenburg an einem Laden nicht ein Schild hängt mit der Aufschrift ,Hier gibt es 137 Ostprodukte‘, geht der Ossi gar nicht erst rein. Und nach Knusperflocken, das sind Knäckebrotkrümel mit Schokoladenbezug, hergestellt von der Firma Zetti in Zeitz, sind die Leute regelrecht süchtig. Und stolz sind sie auch drauf – die gibt's nämlich bis heute nur hier.“
Wie sagte der Radebeuler Kulinarier Karl May: Nimm Nuß, Nudisten und den Ossi, rühr's zusammen, nenn's Nudossi. Wiglaf Droste
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