: Streit um freien Tag für Wahlhelfer
■ Ohne großes Aufhebens hat der Senat beschlossen, Wahlhelfern im Öffentlichen Dienst einen Tag frei zu geben / Ausnahme bei Lehrern sorgt für Protest / Steuerzahler rechnet Kosten vor
Der Bund der Steuerzahler hat dieser Tage an den Bremerhavener Oberbürgermeister Manfred Richter geschrieben. Wenn Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes, die sich als Wahlhelfer zur Verfügung stellen, dafür einen Tag frei bekommen, dann sei das nicht nur eine ungerechtfertigte „Sondervergünstigung“ gegenüber anderen, sondern auch ein sehr teures „Ehrenamt“. Bei einem Stadtinspektor etwa müsse man 420 Mark als Kosten eines Arbeitstages ansetzen, dazu bekommt der gut verdienende Staatsdiener seine 60 oder 80 Mark für das Ehrenamt – insgesamt ein teurer Spaß. Die Sondervergünstigung für Staatsdiener könne zudem dazu führen, so der Steuerzahlerbund, daß „die Bereitschaft der Beschäftigten aus der Privatwirtschaft, sich für das Ehrenamt zur Verfügung zu stellen, wegen dieser Ungleichbehandlung weiter nachläßt“.
In Bremerhaven verweist man zur Rechtfertigung des großzügigen Angebots an die Wahlhelfer darauf, daß es vier Urnengänge gibt in diesem Jahr, bneben Europawahl und Bürgerschaftswahl die abgetrennten Stadtverordnetenwahlen und die Ocean-Park-Volksabstimmung, jedesmal werden 500 Wahlhelfer gebraucht. Zudem handele es sich dabei um einen Beschluß des Bremer Senats, der für das Land Bremen gelte. In der Tat hatte die Landesregierung am 4.8.1998 diese Freistellung generell beschlossen, damals aber öffentlich wenig Aufhebens davon gemacht. In den Behörden wurde die Sondervergünstigung per Rundschreiben verbreitet.
Das Bremer Wahlamt hatte bei der Bundestagswahl einen anderen Weg gesucht, um die Bevölkerung zu motivieren: Bei Firmen wurden Preise für eine Verlosung eingeworben, als Hauptgewinne gab es eine Busreise nach Istrien und Flugscheine nach Mallorca. Völlig unabhängig davon hatte der Senat seine Vergünstigung beschlossen, das Wahlamt war sauer. „Ich finde das nicht in Ordnung“, sagt eine Mitarbeiterin gegenüber der taz. Obwohl das Wahlamt die Regelung mit dem freien Tag nicht an die große Glocke gehängt hat, „hat es natürlich diverse Absagen gegeben von Wahlhelfern, die nicht im Öffentlichen Dienst sind“. Ein Tag frei und Handgeld, das sei ja wohl überzogen, findet man im Wahlamt. Der Senatsbeschluß platzte auch mitten in die Werbe-Aktion des Wahlamtes hinein.
Aber auch an anderer Stelle gab es Ärger mit der Sondervergünstigung: Am 5. August war per Rundschreiben die neue Regelung verbreitet worden, am 26. August kam von der Bildungssenatorin ein zweites Rundschreiben: Der freie Tag gelte natürlich nicht für die Unterrichtsverpflichtungen der Lehrer, erklärte sie.
Der Personalrat Schulen hat postwendend offiziell bei der Bildungssenatorin protestiert. Grundsätzlich werfe es ein „schlechtes Licht auf unser Gemeinwesen“, wenn bei der Suche nach Wahlhelfern nach solchen Anreizen gesucht werden müsse, findet der Personalrat. Aber wenn, dann alle gleich behandeln: „In hohem Maße diskriminierend“ sei der Ausschluß der LehrerInnen von der Freistellung, angemessen erschiene eine Aufteilung in vier Unterrichtsstunden, der Rest „disponible Zeit“. Der Staatsrat der Bildungsbehörde antwortete mit dem Argument, die Lehrkräfte sollten „ein gutes Beispiel abgeben“, die Regelung bleibe. Beim Personalrat rechnet man damit, daß bei der nächsten Wahl einer der betroffenen Lehrer vor Gericht zieht und rechtliche Klärung der Frage ermöglicht. K.W.
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