: Die mit Geld um sich schmeißen
■ Landesrechnungshof wirft der landeseigenen Wasserstadt GmbH Verschwendung in Millionenhöhe vor. Von der Beendigung der Stadtentwicklungsprojekte wird aber abgeraten
Scharf geht der Landesrechnungshof mit der Wasserstadt GmbH ins Gericht, die in Spandau sowie an der Rummelsburger Bucht im Auftrag des Landes Tausende Wohnungen errichten läßt. In ihrem 1998 vom Abgeordnetenhaus angeforderten Bericht weisen die Kassenprüfer der Entwicklungsfirma Wasserstadt Verschwendung öffentlicher Mittel in mindestens zweistelliger Millionenhöhe nach.
Der Rechnunghofbericht, der das Datum des 18. Februar 1999 trägt, wurde gestern passend zur Einberufung eines hochrangig besetzten Forum der Industrie- und Handelskammer (IHK) bekannt, bei dem die Chefs der fünf Entwicklungsgesellschaften ihr Image aufpolieren wollten. Deren Vorstellung litt jedoch darunter, daß die bündnisgrüne Finanzexpertin Michaele Schreyer genüßlich aus dem Prüfbericht zitieren konnte.
Dort ist zum Beispiel von Personalausgaben die Rede, die um „25 Prozent“ über dem liegen, was der Rechnungshof für angemessen hält. Außerdem sei der „bautechnische Standard“ von neuen Straßen in Spandau „weit überhöht“ – er könne in Zukunft um „mehr als 20 Prozent“ reduziert werden. Bei der Gestaltung der Parks im Umkreis der neuen Wohngebäude habe sich die Wasserstadt GmbH sogar ungerechtfertigte Mehrausgaben von „50 bis 76 Prozent“ geleistet, schreibt der Rechnungshof. Bei den noch nicht abgeschlossenen Landschaftsverschönerungen seien deshalb Kostenreduzierungen um rund 20 Millionen Mark möglich. Die Südbrücke zwischen den westlichen und östlichen Havelufern sei um 16 bis 18 Millionen Mark zu teuer gebaut worden, wissen die Kontrolleure.
Die Mehrkosten durch Verschwendung ist nach Ansicht von Schreyer eine Ursache für das wachsende Defizit der Wasserstadt GmbH von zur Zeit rund 1,1 Milliarden Mark. Der Fehlbetrag für alle fünf Baugebiete beträgt etwa 1,7 Milliarden Mark. Die Verluste, die durch sinkende Immobilienpreise und steigende Finanzierungskosten zustande kamen, muß nach Abschluß der Maßnahmen das Land Berlin tragen.
Durch die steigenden roten Zahlen in Unruhe versetzt, hatte das Abgeordnetenhaus im vergangenen Jahr vom Rechnungshof eine Antwort auf die Frage angefordert, ob es sinnvoll sei, die Entwicklungsprojekte ganz oder teilweise aufzugeben.
Die Einschätzung der Kontrolleure lautet „Nein“. Falls das Land die Vorhaben nämlich komplett abbreche oder schnell auslaufen lasse, entstünden vermutlich höhere Kosten als bei der abgespeckten Weiterentwicklung. Die höheren Verluste kämen dadurch zustande, daß Entschädigungsansprüche von Privatinvestoren entstünden und die landeseigene Wasserstadt GmbH die bereits gekauften Flächen nicht mehr vermarkten könnte.
Der Rechnungshof plädiert jedoch dafür, die Entwicklungsmaßnahmen auszudünnen und zum Beispiel auf den Bau einer gewissen Anzahl von Wohnungen zu verzichten.
An diesem Punkt freilich zeichnen sich die nächsten politischen Auseinandersetzungen ab. Die Bauverwaltung unter CDU-Senator Jürgen Klemann lehnt eine Reduzierung im Gegensatz zu Peter Strieder, SPD-Senator für Stadtentwicklung, ab. Hannes Koch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen