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Die PDS-Frage stellt sich am Wahlabend

■ Bei den Abgeordnetenhauswahlen könnte die PDS vom Abgang Lafontaines profitieren und der SPD Stimmen abjagen. Linker SPD-Abgeordneter: Falls es nicht für Rot-Grün reicht, sollen Bürger über PDS-Toler

Die PDS wähnt sich im Aufwind. Sie hofft, der SPD bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus am 10. Oktober Stimmen abjagen zu können, wenn es Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht gelingt, die SPD zu einen und eine positive Regierungsbilanz vorzulegen. Entscheidend wird sein, ob Schröder die bislang von Lafontaine verkörperten Positionen der sozialen Gerechtigkeit bedienen kann. Gelingt ihm dies nicht, könnte sich die PDS nach dem Abgang von SPD-Chef Oskar Lafontaine als die Kraft der sozialen Gerechtigkeit präsentieren.

PDS-Fraktionschef Harald Wolf erwartet, daß die PDS für linke SPD-WählerInnen zur Alternative werden könne. Dies gelte auch für den Westteil der Stadt. Nach einer neuen Umfrage ist die SPD mit 32 Prozent zum ersten Mal nach anderthalb Jahren hinter die CDU (34 Prozent) zurückgefallen. Für Rot-Grün gibt es derzeit keine Mehrheit. Wolf sagte, die SPD-Wähler könnten somit nicht sicher sein, daß sie eine Reformalternative wählten. Die Gefahr, daß die SPD die Große Koalition fortsetzen werde, nehme zu.

Auch SPD-Linke wie der Abgeordnete Thomas Gaudzun und SPD-Vorstandsmitglied Matthias Linnekugel halten eine Abwanderung von SPD-WählerInnen zur PDS für möglich. „Ich kann mir vorstellen, daß die PDS nun günstigere Wahlchancen hat“, sagte Gaudzun. Skeptischer äußerte sich die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau: „Auf einen solchen Schub kann man sich nicht verlassen. Bis zum 10. Oktober kann noch viel passieren.“ Die PDS müsse ihr eigenes Profil weiter schärfen und „die soziale Frage zum Ausgangspunkt aller Politik machen.“

Pau erneuerte das Angebot an die SPD, eine rot-grüne Minderheitsregierung zu tolerieren. Auch Wolf prophezeite, daß sich diese Frage für SPD und Grüne am Wahlabend neu stellen werde. „Das ist jetzt aus Wahlkampfgründen unter dem Deckel, aber dort ist es nicht zu halten“, so Wolf.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der SPD-Abgeordnete Gaudzun. Zwar schließt selbst die SPD-Parteilinke aus, daß die Debatte um eine von der PDS tolerierte rot-grüne Regierung vor der Wahl nochmals auflebt. Doch wenn es keine Mehrheit für eine rot-grüne Regierung gibt, muß die SPD laut Gaudzun in einem Dialog mit den BürgerInnen klären, welches Regierungsbündnis sie wollen. Dabei gebe es auch Optionen jenseits der Fortsetzung der Großen Koalition oder einer Tolerierung durch die PDS. Gaudzun hält auch eine CDU-Minderheitsregierung für denkbar. Die SPD könne dann in die Opposition gehen. Als wenig tauglich bezeichnete er den Vorschlag von Parteicef Peter Strieder, die CDU könne einen rot-grünen Senat tolerieren. Sabine am Orde/Doro Winden

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