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Eine Begegnung

■ Rania Saleh ist Muslimin und Studentin

Eine Muslimin in der deutschen Uni – was hat das zu bedeuten? Eine bescheuerte Frage. Aber Rania Saleh ist höflich. Bescheuert seien bloß die großen Augen, sagt sie, die die Frage begleiten. Die Ungläubigen. Sie mag diese Blicke nicht und geht incognito durch die Flure der Bremer Uni. Rania Saleh trägt im Gegensatz zu vielen Glaubensgenossinnen die offenen Haare unbedeckt. Nein, sagt sie, „nicht wegen der Blicke. Ich kann das irgendwie nicht. Es ist schwer. Ich mach' sonst alles, was die Religion von mir fordert.“ Das Problem ist: Es gibt muslimische Frauen und es gibt Studentinnen. Was aber eine muselmanische Studentin ist, weiß Rania Saleh nicht. Dieses Zwitterwesen, findet die 24jährige Sozialpädagogin, gibt es eben nur in den Augen der anderen. Und weil das schwer zu ertragen ist, hat sie sich selbst schon mal zu diesen anderen geschlagen: Sprach an der Uni-Bushaltestelle eine Kopftuchfrau an. Dabei seien Kopftücher eigentlich ganz ohne äußere Bedeutung. Das muß sie besser wissen als andere Menschen. Schreibt sie doch ihre Diplomarbeit übers Thema Kopftuch. Über die Schönheit von Theorie oder Kopftuch aber will Rania nicht sprechen. Eher schon über die muselmanische Studentin, die es für sie nicht wirklich gibt. Wo die Themen sich im Bedeutungslosen verlieren, findet Rania, hilft nur noch die Sprache: Kopftücher sind wie Schweinefleisch. Eine kühne Metapher. Kopftücher gebe es als Symbol nur für die anderen, die Christen, die in ihnen ein Zeichen entdecken wollen, oder für Politik. Wie das Schweinefleisch eben. Trennen wir die Muslimin von der Studentin. Die eine schließt einen Vertrag mit Gott und trägt ein Kopftuch. Die Studentin dagegen fällt unter die orientalische Tradition, sagt Rania Saleh. Deswegen würden heute noch fast alle Musliminnen wie im Orient Medizin oder Naturwissenschaften studieren. Sie fällt da ein bißchen heraus: „Sozialpädagogik studieren, das ist wie Verrücktsein.“ Fritz v. Klinggräff

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