piwik no script img

KommentarBilliger Populismus

■ CDU hetzt gegen Mahnmal

Schon zu den Zeiten, als Helmut Kohl die bundesdeutsche Geschichtspolitik noch für sich gepachtet hatte, war Eberhard Diepgen von einer fixen Idee besessen: Über seinem kleinen Berlin dürfe nicht die ganze Last der deutschen Geschichte abgeworfen werden.

Ein großes Mahnmal also, das gleich neben dem Brandenburger Tor die Wunde deutscher Verbrechen offenhält, kam für Diepgen von Anfang an nicht in Frage. Starrsinnig beharrt er auf dieser Haltung.

Diepgen gibt vor, den diffusen Widerwillen gegen ein solches „Schandmal“ an prominentem Ort zu artikulieren. CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky nimmt gar die „große Mehrheit der Berliner“ für die Position seiner 35-Prozent-Partei in Anspruch. Dabei sind die Bedenkenträger nicht einmal im Senat in der Mehrheit. Bei einer Kampfabstimmung im Frühjahr setzte sich Diepgen nur deshalb durch, weil der Kultursenator die Parteidisziplin über seine Überzeugung stellte.

Mit ästhetischen Einwänden gegen den Eisenman-Entwurf haben Diepgens brachiale Querschüsse gegen das Mahnmal nicht das geringste zu tun. Eilig schloß er sich dem intellektuell armseligen Vorschlag des unverdächtigen Richard Schröder (SPD) an, um seine Boykotthaltung notdürftig zu bemänteln.

Doch Diepgens scharfer Tonfall kann nicht verbergen, daß ihm die Felle davonschwimmen. Schon mit der Entscheidung, den Bundestag über das Mahnmal abstimmen zu lassen, war Berlin faktisch ausgebootet. Damit wird die Fehlkonstruktion des Auslobergremiums ausgebügelt. Denn in einer Frage, die nicht das Alltagsleben der Berliner, sondern das Selbstverständnis des ganzen Landes betrifft, hat der Senat nicht mehr oder weniger zu melden als jede andere der 16 Landesregierungen. Und daß der Senat einem Projekt die Baugenehmigung verweigern könnte, das nach zehnjähriger ernsthafter Debatte von der Volksvertretung beschlossen wurde: diese Vorstellung ist grotesk.

Mag sein, daß Diepgens Verweigerungshaltung der Union ein paar Stimmen vom rechten Rand verschafft. Doch der Preis dafür ist zu hoch: Diepgen schadet der Sache, und er schadet der Stadt.

Ralph Bollmann

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen