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Tausendmal gespritzt

■ Neue Studie: Jugendhilfe e.V. fordert mehr Gesundheitsräume in St. Georg

Jugendhilfe e.V., Träger des Gesundheitsraumes „Drob Inn“ in St. Georg, hat gestern gefordert, weitere niedrigschwellige Angebote rund um den Hauptbahnhof zu schaffen. Eine Studie, erstellt vom Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD), gibt den SozialarbeiterInnen dafür neue Argumente an die Hand.

„Das Besondere an dieser Studie ist“, betonte Günter Thiel, der Vorstand von Jugendhilfe e.V., „daß DrogenkonsumentInnen nach ihrem Bedarf an Gesundheitsräumen befragt wurden“. Von den ungefähr 1000 Drogenabhängigen, die wöchentlich das „Drob Inn“ aufsuchen, seien 297 per Fragebogen um Auskunft gebeten und mithin nahezu ein Drittel der Stammkunden einbezogen worden. Für die Studie wurden Informationen zum Konsumverhalten, insbesondere in der Öffentlichkeit, und die Erfahrungen mit Gesundheitsräumen abgefragt.

Dabei stellte sich heraus, daß die Befragten im Schnitt 6,6 Konsumeinheiten pro Tag zu sich nahmen, davon zu zwei Dritteln intravenös, also gespritzt. Ebenfalls zwei Drittel der Konsumenten nimmt täglich Kokain zu sich, ein Drittel kombiniert es mit Heroin, sei es hintereinander oder als Cocktail. Das häufigst genommene Rauschgift bleibt jedoch bei 83 Prozent der User Heroin.

Nicht alle Drogenabhängigen besuchen das „Drob Inn“, aber schon bei vorsichtiger Hochrechnung „muß man davon ausgehen, daß weit mehr als 1000 Mal am Tag öffentlich in St. Georg Drogen konsumiert werden“, bilanzierte Christine Tügel, ebenfalls Vorstandsmitglied bei Jugendhilfe e.V. „Die Untersuchung zeigt, daß nur wenige KonsumentInnen Angebote in anderen Stadtteilen nutzen.“ Jeder zweite Befragte, so zeigt die Studie, würde einen weiteren Gesundheitsraum täglich nutzen.

Die Umfrageergebnisse sollten in das im Oktober 1998 angelaufene sogenannte Mediationsverfahren des Senats kurzfristig einbezogen werden, forderte Tügel. Derzeit loten Wissenschaftler die Akzeptanz für weitere Fixerräume in St. Georg aus. Das Verfahren soll bis Ende Juli abgeschlossen werden. else

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