: Kabarett-Kahn auf Karibikkurs
■ Die Schmidt-Offensive: Der Comedy-Tempel verschönert den Spielbudenplatz, geht auf Kreuzfahrt und kann sich auch sonst nicht über Ideenmangel für die nächste Saison beklagen
Seit einigen Tagen macht sich ein neues Flair am Rande des Spielbudenplatzes breit – was sich nach den Plänen der Schmidt-Betreiber Corny Littmann und Norbert Aust sogar noch ausbreiten soll. 250 neue Sitzplätze vor dem Schmidt lassen schon einen Hauch von Flaniermeile erahnen, der durch die Eröffnung der angrenzenden Straße als abendliche Fußgängerzone noch verstärkt werden soll.
Weiterhin arbeitet die Schmidts Tivoli GmbH mit Anwohnern und der Stadt Hamburg an einer schon lange fälligen Gestaltung des staubigen Spielbudenplatzes, der für eine Kunst- oder Wochenmarktnutzung allerdings erst einmal gepflastert werden müßte. Lohnen sollte sich die Errichtung eines Minimums an Infrastruktur, immerhin drängen sich 15 Millionen Touristen jährlich durch das Vergnügungsviertel St. Pauli. Auch der einmalige städtische Zuschuß von 485.000 Mark vor zwei Jahren für die Zusammenlegung von Schmidt-Theater und Schmidts Tivoli hat sich in Kombination mit neuen Marketingstrategien gelohnt: Inzwischen schreiben beide Häuser schwarze Zahlen.
In der vergangenen Spielzeit konnten sogar Rekorde aufgestellt werden: zum einen mit vier hauseigenen Premieren von Pension Schmidt, der ersten Kiez-Soap auf einer Theaterbühne und im Internet. Zum anderen mit der Schlagerrevue Fifty Fifty, die mit über einer Viertelmillion Zuschauer Hamburgs erfolgreichste Musiktheaterproduktion ist. Auch das Prinzip, an mauen Sonn- und Montagen das Haus mit erfolgreichen Gastspielen von Cora Frost bis Georgette Dee, von Max Raabe bis zu den Misfits zu füllen, wird in der neuen Spielzeit beibehalten.
Vorher aber wird gefeiert: Am 6. und 7. August führt die Pension-Schmidt-Familie durch das große „Schmidt Sommerfest“, was sie gekonnt mit einem Human-Table-Soccer-Turnier anheizt. Am 14. September kann man auf die Premiere von Sixty Sixty, der neuen Produktion unter der Regie von Corny Littmann, gespannt sein. Auf Deutsch und ohne allzu platt zu agieren, sollen die wilden Sechziger mit Reminiszenzen an trashige TV-Shows und unglaubliche Schlager auf die Bühne kommen. Parallel dazu werden vom 9. September bis zum 30. Oktober die „Kiez-Comedy-Wochen“ alles in die Schmidt-Häuser bringen, was in Deutschland unter dem Prädikat „witzig“ weitergereicht wird.
Und man expandiert Richtung Hafen. Ab November wird das Showprogramm auf Deutschlands erfolgreichstem Kreuzfahrtschiff „Aida“ von Schmidts Tivoli konzipiert, was die Stella-Events an Bord ablöst. 25 Nachwuchskünstler pro Jahr sollen auf der neuen mobilen Spielstätte vom Mittelmeer bis zur Karibik schon mal Kurs auf anschließende größere Produktionen in der Hansestadt nehmen. Ebenfalls ab November läßt die Weihnachtsepisode der Kiez-Opera das Schmidt-Jahr 1999 am Spielbudenplatz ausklingen. Und das hoffentlich nicht allzu sanft und friedlich.
Stefanie Heim
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen