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Guineas Kinder haben es schwer

■  Das westafrikanische Land ist eines der ärmsten der Welt. Während die Regierung ihre Gegner unterdrückt, sind guineische Flüchtlinge in Europa jedoch unwillkommen

Die Regenzeit hat begonnen, und die Slums von Guineas Hauptstadt Conkary versinken im Schlamm. Auf dem feuchtweichen roten Boden zwischen zusammenbrechenden Baracken und der offenen Kanalisation überlebt die Mehrheit der etwa eine Million Stadtbewohner in diesen Tagen mehr schlecht als recht.

„Alphadio, eine fünfjähriger Junge an der Hand seiner Mutter, brennt vor Fieber“, so schildert die Wochenzeitung Le Lynx in ihrer laufenden Ausgabe ein Viertel in Hafennähe. „Er atmet schwer. Einziger Schutz: ein Pullover und eine zerfetzte Hose. Die Augen voller Tränen, sagt uns die Mutter, dass ihr krankes Baby seit zwei Tagen nichts gegessen hat.“ Die Zeitung fährt verbittert fort: „Währenddessen werden überall jeden Tag Parolen für die Kinder ausgegeben. Wir haben ein Kinderministerium, das in pompösen Zeremonien die Söhne der Reichen feiert und mit Geschenken überhäuft.“

Es gibt viele Gründe für Guineas Kinder, auswandern zu wollen. Das westafrikanische Land steht diese Jahr auf dem „Human Development Index“ des UN-Entwicklungsprogramms UNDP an 161. Stelle der 174 aufgeführten Staaten. Immerhin: Ein Jahr vorher war es noch auf Platz 167.

Eine Schulbildung genießen derzeit 60 Prozent der Jungen und 30 Prozent der Mädchen. Nur eine Minderheit der Bevölkerung hat Zugang zu Elektrizität, sauberem Wasser oder Gesundheitsversorgung. Bis heute gilt Guinea als eine Art wilder Westen Westafrikas, in dem alle krummen Geschäfte möglich sind, wenn auch nicht erlaubt.

Guinea leidet an seiner Vergangenheit und an seiner Geographie. Nach der Unabhängigkeit 1958 – die im totalen Bruch mit der einstigen Kolonialmacht Frankreich geschah – lebte das Land jahrzehntelang in völliger Isolation unter Diktator Sekou Touré. Dessen Annäherung an den damaligen Ostblock brachte Guinea nichts ein. Seit Tourés Tod 1985 versucht Nachfolger Lansana Conté, Guinea der Außenwelt zu öffnen. Das heißt: Das Werben um Investoren und die Erfüllung ihrer Wünsche haben absolute Priorität.

Als weltweit hinter Australien zweitgrößter Produzent von Bauxit, aus dem Aluminium hergestellt wird, ist Guinea tatsächlich für Investoren interessant. Aber das Interesse geht über den Bergbau kaum hinaus und erreicht die Mehrheit der Bevölkerung nicht.

Die Regierung von Präsident Conté ist entsprechend autoritär. Conté ließ sich im Dezember 1998 in einem äußerst umstrittenen Wahlgang wieder wählen und hält seitdem seinen wichtigsten politischen Gegnern Alpha Condé in Haft. Condés Partei RPG beklagt dazu unter ihren Parlamentsabgeordneten eine ungewöhnliche Häufung mysteriöser Todesfälle in letzter Zeit.

Nicht hilfreich ist, dass Guinea von lauter Bürgerkriegsländern umgeben ist – Sierra Leone, Liberia, Guinea-Bissau. Guineas Armee hat in allen dieser Kriege eingegriffen, und die Flüchtlinge all dieser Länder strömen nach Guinea, womit das Land den zweifelhaften Ruhm genießt, die größte Flüchtlingsbevölkerung Afrikas im Vergleich zur Gesamtbevölkerung zu beherbergen.

Da Guinea aber im Vergleich zu den Bürgerkriegsländern als sicher gilt, werden Flüchtlinge aus Europa gerne nach Guinea abgeschoben, auch wenn sie gar nicht aus Guinea kommen. Erst vor wenigen Monaten sorgte in Belgien die versuchte Abschiebung von Asylbewerbern aus Sierra Leone nach Guinea für einen politischen Skandal.

Auch Deutschland schiebt nach Guinea ab – und die Folgen sind ziemlich düster. Die „Internationale Gesellschaft für Menschenrechte“ hat mehrere Fälle von abgeschobenen Guineern dokumentiert, die nach ihrer Ankuft im Heimatland verschwunden sind. So wurden nach IGFM-Angaben am 30. Juni 15 Guineer von Düsseldorf nach Conakry abgeschoben und bei ihrer Ankunft am Flughafen mit Militärwagen „mit unbekanntem Ziel“ abtransportiert. Einer der fünfzehn kam am nächsten Tag wieder frei, ein zweiter vor drei Tagen; die anderen dreizehn sind nach IGFM-Angaben bis heute nicht wieder aufgetaucht.

Wie die IGFM weiter ausführt, ist Verfolgung und Einschüchterung von Oppositionellen in Guinea an der Tagesordnung: „Die Hauptstadt Conakry ist mit Milizen gefüllt, die zu jeder Zeit und ohne System in Häuser eindringen und sie durchsuchen können. Zu diesem Zweck werden ganze Familien einschließlich der Kinder verhaftet, in die Kommissariate und Gefängnisse gebracht, wo viele von ihnen gefoltert werden, und in dieser Zeit werden die Häuser geplündert.“ Dominic Johnson

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