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Mit Holzkreuz und Hockeyschläger gegen Gewalt

■ Die Polizei versucht mit ihrem Anti-Gewalt-Mobil und Sportveranstaltungen Aggressionen zwischen ausländischen Jugendlichen und Polizisten abzubauen

Die vor der Kirche parkende Wanne ist von Demo-Steinwürfen verbeult und mit ihren 20 Jahren eigentlich museumsreif. Doch das „Anti-Gewalt-Mobil“ der Polizei war am Wochenende in sportlicher Mission unterwegs, und die Plakate im vergitterten Seitenfenster gaben dazu die Losung aus: „Gewalt gehört ins Museum“.

„Sportliche Angebote sind eine wichtige Stütze unserer Präventionsarbeit mit ausländischen Jugendlichen geworden“, sagte Polizeioberkommissar Dietmar Vetter. Vetter koordiniert die polizeiliche Jugendarbeit der Direktion 1 im Norden der Stadt. In Wedding, Reinickendorf und Pankow setzt man seit rund fünf Jahren auf Begegnungen zwischen weißen Linien. Bei Fußball, Hockey oder Streetball lernen „die Kids den Menschen in der Uniform kennen“ und so ihre Vorurteile abbauen, meint Vetter. Und auch für die Beamten sei es überaus sinnvoll, den Jugendlichen mal unter positiveren Voraussetzungen zu begegnen als im Straßeneinsatz oder Verhör auf der Wache. „Vielen von denen wurde eingetrichtert, dass die Polizei Nazis seien. Das wollen wir hier durchbrechen“, erklärt Pastor Hendrik Kissel die Aktion. Es gehe auch darum, eine generelle Hemmschwelle vor den Behörden abzubauen.

Vetter und ein Dutzend seiner Kollegen rückten in die Baptistenkirche im Wedding ein, um mit rund 30 türkischen und arabischen Kindern zwischen 8 und 12 Jahren. „Hockey unterm Holzkreuz“ zu spielen. „Wer sind denn die?“, fragte einer der arabischen Jungs, als die mit Schienbeinschützern ausgerüsteten Beamten die Kirche betraten. „Die Feuerwehr“, flachste einer, und das Eis war gebrochen. Maher, Illias und Bassem stürmten auf das gegnerische Tor: „Ey, passt auf, die Bullen gewinnen.“

Der „Showdown“ im Kirchensaal bildete den Abschluss einer sportlichen Präventionswoche, in der Kinder und Polizisten auf gemeinsamen Fußballturnieren gegeneinander antraten, „eine Variante, auf die die Sozialarbeiter des mit veranstaltenden „Kick“-Projektes gerne zurückgreifen.

Zwar findet „die eigentliche, langfristige Jugendarbeit in unseren Arbeitsgruppen und Projekten statt“, erklärt Kick-Mitarbeiterin Yvonne Schmadlowski, „aber durch den Sport gewinnt man die Kids für sich.“ Vornehmliche Zielgruppe von „Kick“ sind straffällig gewordene, von der Polizei vermittelte Kinder und Jugendliche: Sportliche Disziplin als erster Schritt zu neuen Perspektiven.

Wie viele Jugendliche man bei „Kick“ erreicht, oder durch Sport gar dauerhaft von Straftaten abhält, lässt sich zahlenmäßig zwar nur schwer messen. Doch sowohl die Polizei wie auch der vor zehn Jahren von einem Ex-Polizisten gegründete Verein bewerten die Arbeit als erfolgreich und als „langfristig wirkungsvoll“. Dabei „hängt das meiste am privaten Engagement der Beamten“, so Vetter.

Christoph Rasch

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