: Mahnmal-Stiftung nimmt Gestalt an
■ Opfergruppen sollen in einem Beirat der Stiftung des Holocaust-Mahnmals sitzen. Gründungsstatus der Stiftung ist noch offen
Berlin (taz) – Anfrage an Radio Eriwan: Ist der Streit um das geplante Mahnmal für die ermorderten Juden Europas mit der Bundestags-Entscheidung vom 25. Juni dieses Jahres für die Gedenkstätte beendet? Antwort: Im Prinzip ja. Aber der Teufel steckt im Detail – und im Kulturausschuss des Bundestages.
Denn dort wird seit Monaten heftig darum gerungen, wie der Stiftungsrat aussehen soll. Der nämlich soll die wichtigsten Fragen für die konkrete Ausgestaltung des Mahnmals und eines „Ortes der Information“ gleich daneben beantworten. Doch nun, so die Vorsitzende des Ausschusses, Elke Leonhard, „zeichnet sich ein Konsens ab“. Das sei auch dringend geboten, da es sich dabei um eine „Frage von nationaler Bedeutung“ handele. Ein Treffen am gestrigen Abend in informeller Runde sollte den Duchbruch bringen.
Bisher war zwischen allen Fraktionen des Parlaments und dem privaten Mahnmal-Förderkreis unumstritten, dass das Mahnmal möglichst schnell und per Gesetz als selbstständige Stiftung beim Bundestag gegründet werden sollte. Dann aber machte der SPD-Abgeordnete Ludwig Stiegler Anfang Oktober einen Vorschlag, der Zeit sparen sollte – die Grundsteinlegung für das Mahnmal soll schon in drei Monaten, am 27. Januar kommenden Jahres, erfolgen. Im Geschäftsbereich von Kulturminister Michael Naumann, so Stieglers Idee, sollte zunächst eine nicht selbstständige Mahnmal-Stiftung gegründet werden, und zwar per Erlass. Aus ihr sollte dann eine selbstständige Bundesstiftung entstehen.
Die Kulturpolitiker der Oppositionsparteien protestierten heftig gegen diese Idee: Sie sahen die Unabhängigkeit der Stiftung gefährdet. Zudem hätte der Stiegler-Vorschlag den Einfluss des Förderkreises im Stiftungsrat eng begrenzt: Von den insgesamt zwanzig Sitzen hätte der Bundestag zehn, der Bund und Berlin je zwei bekommen, fünf Stimmen wären an bestehende Gedenkstätten und jüdische Institutionen gegangen. Der Förderkreis um die Journalistin Lea Rosh sollte sich aber mit nur einer Stimme begnügen. Lea Rosh hatte eine gleiche Zahl von Sitzen für die drei früheren Auslober des Mahnmals gefordert: den Bund, das Land und den Förderkreis.
Lea Rosh betonte gegenüber der taz, der Vorschlag Stieglers sei unannehmbar. Es dürfe nicht sein, dass ihr Förderkreis nur eine Stimme bekomme, aber zu gleichen Teilen wie der Bund und das Land für die Kosten aufkommen solle. Auch eine Sitzvergabe an den Zentralrat der Juden und die Jüdische Gemeinde zu Berlin im Sitzungsrat käme nicht in Frage. Denn dann müssten ja die Juden für die Kosten aufkommen: „Das wollen wir erst einmal sehen, ob sich ein Konsens abzeichnet“, sagte Rosh.
Auch der kulturpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Hans-Joachim Otto, zweifelte daran: „Ich sehe noch keinen Konsens.“ Auf jeden Fall sei es völlig inakzeptabel, die Stiftung per Regierungserlass zu gründen – schließlich wolle man eine Bundesstiftung, keine „Naumann-Stiftung“.
In Kreisen der Unionsfraktion hieß es, „per se“ sei man nicht gegen eine Erlass-Lösung, wenn dies, wie beim Haus der Geschichte in Bonn, unmittelbar in eine Bundesstiftung übergehe. Die PDS-Abgeordnete Petra Pau forderte, dass der Förderkreis „angemessen vertreten“ sei.
Nun zeichnet sich als Konsens quer durch alle Fraktionen des Bundestages ab, dass Vertreter von jüdischen Institutionen und anderen Opfergruppen, wie etwa den Sinti und Roma, in einem Beirat der Stiftung sitzen könnten.
Sibylle Quack, die Sprecherin Naumanns, sicherte zu, dass die Entscheidung über die Gestalt der Stiftung beim Kulturausschuss liege – der Minister stelle nur „das Instrumentarium“ zur Verfügung. Der Beschluss des Bundestages, so verspricht die Ausschussvorsitzende Leonhard, werde „bis zum letzten Komma umgesetzt“. Philipp Gessler
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