Hollerland: Die SPD schlägt gnadenlos zurück

■ Die SPD wirft CDU-Wirtschafssenator Josef Hattig vor, EU-Recht beugen zu wollen

Ist das Hollerland der Keil in der großen Koalition? Jedenfalls wird gerade die Gangart etwas härter. Gestern machte die SPD über ihre umwelt- und baupolitischen Sprecher klar: „Es geht kein Weg daran vorbei, bis zum 31. Dezember die Gebiete für den EU-Naturschutz nach den FFH-Richtlinien in Brüssel anzumelden“.

Die CDU hatte am Sonntag erklärt, es bestehe noch Beratungsbedarf, ob die Gebiete, vor allem das Hollerland, als Europa-Naturschutzgebiet innerhalb der nächsten Wochen nach Brüssel gemeldet werden sollen. Die CDU würde gerne das Hollerland als Erweiterungsfläche für den Technologiepark der Universität opfern. Mit einem EU-Naturschutz würde das schwieriger. Auch der Wirtschaftsrat der CDU sprach sich gestern gegen eine Anmeldung aus.

An der Meldung nach Brüssel gehe kein Weg vorbei, wenn man nicht empfindliche Strafen der EU riskieren will, meint jetzt die SPD im Gleichklang mit einer Erklärung der Grünen von vorgestern. Von einem „Spiel mit dem Feuer“ sprach der neue umweltpolitische Sprecher der SPD, Joachim Schuster. Klare rechtliche Kriterien machten die Meldung zwingend. Die Grünen warnen vor einem Bußgeld von jeweils bis zu 1,5 Millionen Mark pro Tag und von einer Kürzung der EU-Strukturhilfen um 60 Millionen Mark.

Wenn Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) sich gegen die Anmeldung stelle, fordere er dazu auf, EU-Recht zu beugen, sagte der baupolitische SPD-Sprecher Carsten Sieling. Die Blockadehaltung der CDU erinnere ihn „manchmal an schwierige Zeiten wie während der Ampel-Koalition“.

Die SPDler argumentierten zudem mit Alternativen für die Technologiepark-Erweiterung. In und um das jetzige Gebiet seien noch 21 Hektar Land bebaubar. „Das reicht für sieben bis zehn Jahre“, sagte Schuster. Zudem gäbe es noch Möglichkeiten der Verdichtung.

Das sind deutliche Worte gegen die CDU – doch die scheint derzeit am längeren Hebel zu sitzen. Wenn sie weiter bei ihrer Position bleibt, müssen die Koalitionäre den Vermittlungsausschuss anrufen. Denn gegeneinander stimmen dürfen die beiden Partner laut Koalitionsvertrag in der Bürgerschaft nicht. Falls die CDU weiter mauert, wird der Stichtag 31. Dezember verpasst. CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff sagte am Sonntag, er fürchte nicht, dass die EU tatsächlich Strafen verhängt.

Die SPD sieht sich nächste Woche in der Bürgerschaft mit einem Antrag der Grünen konfrontiert, der eigentlich alle SPD-Positionen beinhaltet. Allerdings: Eine Zustimmung durch die SPD wäre ein Koalitionsbruch.

Auch in anderen Themen machten die zwei Sozialdemokraten gestern gegen die CDU mobil: Mit ihnen sei es nicht zu machen, Gelder aus dem Wirschaftspolitischen Aktionsprogramm (WAP) „Ökologie“ umzuschichten, um die Computerisierung der Schulen voranzutreiben. Von einer Ausweitung des Öko-WAPs sprachen die beiden gestern allerdings nicht mehr.

Von Kritik verschont blieb auch die BAW-Studie nicht, in der letzte Woche beklagt wurde, dass es in Bremen zu wenig Flächen für Gewerbeansiedlungen gebe. Damit sei eine “abgeschmackte Debatte wieder aufgebrüht worden“, sagte Carsten Sieling. Die SPDler legten einen Städtevergleich vor, der die Bremer Flächenzahlen auf die Einwohner umrechnet (in der BAW-Studie hatte man die Flächenzahl mit der Größe des Siedlungsgebietes verglichen). Ergebnis: Außer in Duisburg gibt es in keiner vergleichbaren Stadt mehr Gewerbehektar pro Einwohner, als in Bremen. Das sei ein deutlicher Hinweis, dass sich Bremen in Zukunft mehr auf die Nutzung von bereits vorhandener Flächen wie den Hafen konzentrieren müsse. cd