Türkischer Bänker wurde in Kreuzberg erschossen

■ Filialleiter wurde in der Oranienstrasse tot aufgefunden. Die Mordkommission und Freunde des 49-Jährigen gehen nicht von politischen Motiven oder Mafia-Verbindungen aus

Der stellvertretene Filialleiter der Berliner Repräsentanz der türkischen Staatsbank T.C. Ziraat Bankasi ist gestern in Kreuzberg erschossen worden. Nach Polizeiangaben wurde der 49-jährige Ümit Yilmaz gegen 8.30 Uhr von einem Hausbewohner Oranienstraße Ecke Adalbertstraße tot mit Schussverletzungen in einem Hausflur entdeckt. Vom Hausflur führt ein Nebeneingang zur Filiale. Zum Motiv der Tat oder mutmaßlichen Tätern konnte die Polizei gestern keine Angaben machen.

Auch die Mitarbeiter der T.C. Ziraat Bankasi gaben gestern nur kurze Stellungnahmen ab: Yilmaz habe seit neun Jahren in der Bank gearbeitet. „Wir können uns nicht vorstellen, dass er in irgendwelche Machenschaften verwickelt war. Er war ein ehrenwerter Mann“, sagte eine Mitarbeiterin sichtlich erschüttert zur taz.

Der Filialleiter der türkischen Oyak-Bank, Suat Bakir, kannte den Vater von zwei Kindern persönlich: „Es handelte sich um einen vernünftigen Menschen.“ Yilmaz würde seit 20 Jahren in Berlin leben. Bakir könnte sich lediglich vorstellen, das Yilmaz das Opfer eines versuchten Banküberfalls gewesen sei. Seit März habe man bei der T.C. Ziraat Bankasi nicht nur Überweisungen in die Türkei per Online-Dienst tätigen können, sondern Geld auch tatsächlich abheben und einzahlen können. Die Bank, die in Berlin wie fast alle anderen türkischen Banken nur eine Repräsentanz hat, ist in der Türkei so groß wie in Deutschland die Sparkasse. Sie ist ein großer Kreditgeber für die Landwirtschaft in der Türkei.

Die Polizei schloss gestern aus, dass die Tat aus politischen Motiven erfolgte. „Dazu hat die Mordkomission keinerlei Hinweise.“ Der Staatschutz sei nicht eingeschaltet worden. Auch Bakir konnte sich nicht vorstellen, dass politische Hintergründe eine Rolle gespielt hätten. Gerüchte aus der Nachbarschaft, wonach Yilmaz regelmäßig Plakate der türkischen Splittergruppe Devrimci Kommunist Partisi im Hausflur und von den Jalousien der Bank abgerissen habe und er deswegen erschossen wurde, hält er für „schwachsinnig“.

Auch Özcan Mutlu, grüner Abgeordneter türkischer Herkunft, und der Geschäftsführer des Türkischen Bundes, Kenan Kolat, schlossen einen politischen Hintergrund und mafiose Verstrickungen ebenfalls aus. Dass die PKK hinter dem Mord stecken könne, glauben beide nicht. Einen Vorfall gab es jedoch schon einmal: Die Bank wurde vor sechs Jahren von PKK-Sympathisanten überfallen. Angestellte wurden damals gefesselt und Stinkbomben in das Büro geworfen. nau/son