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Der Mietnahme-Effekt

Neuer Hamburger Mietenspiegel: Leichte Entspannung auf überhöhtem Niveau. Aber Altbauwohnungen werden immer teurer  ■ Von Sven-Michael Veit

Bei durchschnittlicher Betrachtungsweise hat Eugen Wagner Recht: „Die Mieten sinken“, jubelte der SPD-Bausenator gestern bei der Vorstellung des neuen Hamburger Mietenspiegels. Und schob sofort ein relativierendes „leicht“ hinterher. Denn der von seinen Experten errechnete durchschnittliche Rückgang in Hamburg um 1,0 Prozent gegenüber dem bislang gültigen Mietenspiegel 1997 ist wenig aussagekräftig.

Wieviele der rund 450.000 Hamburger Mietparteien im freifinanzierten Wohnungsbau können sich schon darüber freuen, dass bei Edelbehausungen über 91 Quadratmetern (qm) der Mittelwert von 21,17 auf 19,08 Mark gesunken ist und die Obergrenze statt bei 26,75 nur noch bei 22,50 Mark liegt?

Aussagekräftiger ist die Situation in den vor 1960 erbauten Wohnungen, die noch immer den größten Teil des Bestandes ausmachen. Bei Nachkriegsbauten zog die Miete in den vergangenen zwei Jahren um etwa 50 Pfennige/qm an; in kleinen und mittleren Altbauwohnungen stieg sie in einigen Segmenten um rund 2 Mark/qm. Die beiden Hamburger Mietervereine Mieter helfen Mietern und Mieterverein zu Hamburg diagnostizieren deshalb übereinstimmend „Miet-sprünge von 15 bis 18 Prozent“ (siehe vollständige Tabelle mit Erläuterungen und Experten-Tipps auf Seite 22).

Eckard Pahlke, Chef des Mietervereins, sieht dennoch „eine erkennbare Beruhigung“ auf dem Wohnungsmarkt: „Die eklatanten Mietsprünge der Vergangenheit um das Doppelte der Lebenshaltungskosten sind nicht mehr zu erkennen.“ Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern drückt das drastischer aus: „Das Ende der Leidensfähigkeit der MieterInnen ist erreicht.“ Seit 1990 seien die Hamburger Mieten bereits um fast 22 Prozent gestiegen, so Sonnemann; allein zwischen den Mietenspiegeln 1995 und 1997 erreichte die Steigerungsrate 3,3 Prozent. Da bleibe eben nicht mehr viel Luft.

Zudem weist der Mietenspiegel nur die Tendenz der Netto-Kalt-Mieten aus. Hinzu kommen die Nebenkosten, die sich mit exorbitanten Steigerungsraten in Hamburg inzwischen zur „zweiten Miete“ entwickelt haben: Etwa ein Drittel der Kaltmiete muss im Durchschnitt zusätzlich für Strom, Wasser, Müll und Sonstiges zusätzlich aufgewendet werden. Jede zehnte Mietpartei, weiß Sonnemann, „gibt bereits über 40 Prozent des Einkommens nur für Wohnen aus“.

Hamburgs Wohnungsbesitzer – und nicht nur die Miethaie unter ihnen – wird das nicht kümmern. Jeder neue Mietenspiegel ist erfah-runsgemäß ein willkommener Anlass für einen Mietnahme-Effekt. Wer demnächst Post von seinem Vermieter bekommt, sollte sich keine Illusionen über den Inhalt des Schreibens machen.

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