: Stoibers riskantes Baugeschäft
Im Untersuchungsausschuss zur Millionenpleite der staatlichen bayerischen Wohnungsbaugesellschaft LWS werden die ersten Zeugen gehört. Opposition sieht Stoiber als Hauptverantwortlichen ■ Von Bernd Siegler
Nürnberg (taz) – Jetzt wird es auch für die CSU ernst. Der Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags zu den Millionenverlusten und Schiebereien in der Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft (LWS) hat seine ersten Zeugen vernommen. Und gleich als Erster bezeichnete der neue LWS-Aufsichtsratschef Heinrich Schmidthuber den vom damaligen Innenminister Stoiber angeordneten Einstieg in das Ost-Immobiliengeschäft als „Kardinalfehler“. Stoibers Rolle als „Hauptverantwortlicher“ für die LWS-Misere will die SPD-Opposition nun in den Mittelpunkt des Ausschusses stellen.
Zur wirtschaftlichen Lage der LWS konnte Schmidthuber jedoch wenig Erhellendes beitragen. Ihm fehle dazu der „aktuelle Überblick“, die Verluste würden jedoch die viel zitierten 500 Millionen Mark nicht überschreiten.
Bis Ende 1993 war der Freistaat Bayern mit 58,5 Prozent an der LWS beteiligt, dann übernahm die zu 100 Prozent dem Freistaat gehörende Landesanstalt für Aufbaufinanzierung diesen Anteil. Bis 1989 war die LWS als gemeinnützig anerkannt und verwaltete rund 21.000 Wohnungen in Bayern. Nach der Wiedervereinigung drängte sie dann ins ostdeutsche Immobiliengeschäft.
Der gewagte Vorstoß ins riskante Bauträgergeschäft war vom damaligen Innenminister Stoiber gegen die Warnungen des Finanzministeriums durchgesetzt worden. Der damalige Finanzminister Georg von Waldenfels hatte Stoiber sogar schriftlich auf die hohen Risiken hingewiesen. „Deiner Auffassung muss ich entschieden widersprechen“, beschied ihm Stoiber barsch. Ein Votum mit tiefgreifenden Konsequenzen: Von der LWS errichtete Büros, Wohnungen und Hotelbauten in Chemnitz, Plauen und Zwickau erwiesen sich als Millionengräber. Insgesamt summierten sich die Verluste der LWS bislang auf mindestens 367 Millionen Mark.
Eigentlich stand die LWS schon vor den bayerischen Landtagswahlen im Herbst 1998 vor dem Bankrott. Anstatt jedoch zum Konkursrichter zu gehen, schoss die Staatsregierung noch einmal Geld zu. Eine LWS-Pleite im Landtagswahlkampf wollte sich die CSU ersparen. Aufgedeckt hat die Affäre dann der Oberste Bayerische Rechnungshof, der sich seit 1997 mit der finanziellen Schieflage der LWS beschäftigte. Den Kopf hinhalten musste schließlich im Herbst letzten Jahres Bayerns Justizminister Alfred Sauter. Er war von 1993 bis August 1998 Aufsichtsratsvorsitzender der LWS. Der Stoiber-Intimus räumte zwar sein Fehlverhalten ein, wollte jedoch nicht den Sündenbock für seinen Kabinettschef abgeben.
Doch Sauters Vorwärtsverteidigung, er habe Ministerpräsident Stoiber in den letzten Jahren stets datailliert über den Niedergang der LWS informiert, erwies sich für ihn persönlich als Rohrkrepierer. In Schimpf und Schande warf Stoiber seinen alten Weggefährten über Nacht aus dem Kabinett.
„Dass ich nicht fehlerlos bin, ist unbestreitbar“, gab Stoiber hernach öffentlich kund und versuchte, seinem lange gepflegten Image als unfehlbarer Klassenprimus und Besserwisser einen neuen Anstrich zu geben: den des Menschen, der eben Fehler mache. Allzu viele davon wollte jedoch Stoiber nicht einräumen. Sein Ja zur Ostexpansion der LWS sei doch „kein Freibrief“ für waghalsige Geschäfte gewesen, verteidigte er sich. Er sei ja auch nicht für Unfälle auf einer von ihm gebauten Autobahn verantwortlich.
So einfach wollen SPD und Grüne Stoiber nicht davonkommen lassen. Sie hoffen, dass Alfred Sauter seinen Auftritt im Untersuchungsausschuss nutzt, um das zu tun, was er nach seinem Rauswurf aus dem Stoiber-Kabinett zwar großmundig angekündigt, aber dann doch lieber bleiben gelassen hatte: auspacken.
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