: Feuerwehr wollte keine Hilfe
Unterstützung von Computerfachleuten zu Silvester abgelehnt
Es war ein eindeutiger Fall von Selbstüberschätzung: Die Führung der Feuerwehr hat das Angebot der Computerfirma Bull abgelehnt, der Behörde in der Silvesternacht einen EDV-Experten zur Seite zu stellen. Die Firma Bull, die das Alarmsystem der Feuerwehr entwickelt hat, habe der Behörde einen solchen Vorschlag gemacht, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hans-Georg Lorenz, im Gespräch mit der taz. „Dieses Angebot hat die Feuerwehr ausgeschlagen.“
Die Folgen sind bekannt: Kurz nach Mitternacht versagte der Zentralcomputer der Feuerwehr, mit dem die Notrufe in der Hauptstadt koordiniert werden, und stürzte die Behörde ins Chaos. Wohnungen brannten aus, Verletzte wurden von Taxifahrern in Krankenhäuser gebracht, Polizisten halfen verzweifelten Feuerwehrleuten mit Wasserwerfern beim Kampf gegen die Flammen. Heute nun wird sich der parlamentarische Innenausschuss mit dem Feuerwehrchaos beschäftigen.
Bislang fordert niemand den Rücktritt von Feuerwehrchef Albrecht Broemme, der in der Silvesternacht erst gegen 1.30 Uhr in der Zentrale eingetroffen sein soll. Während SPD-Mann Lorenz eine Abmahnung für angemessen hält, will der innenpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Wolfgang Wieland, erst Broemmes Stellungnahme im Ausschuss abwarten und dann über Konsequenzen reden. Doch das „Komplettversagen der Feuerwehrspitze“ liegt für ihn auf der Hand. „Wir werden nicht den Kopf von Broemme forden“, weiß dagegen bereits die innenpolitische Sprecherin der PDS, Marion Seelig. „Er ist ein international geachteter Fachmann, der viel Vertrauen bei seinen Leuten hat.“ Wichtig sei jetzt ein schlüssiges Konzept, damit sich ein solches Chaos nicht noch einmal wiederhole.
Zuvor aber müssten zahlreiche Fragen geklärt werden, sagte SPD-Innenpolitikerin Heidemarie Fischer. Sie will wissen, warum die Feuerwehrführung das Angebot der Firma Bull ausgeschlagen hat, warum bereitstehende Verstärkung aus Brandenburg nicht gerufen wurde und ob die Silvesternacht überhaupt unter realistischen Bedingungen geprobt worden sei. Wieland sieht eine Verantwortung über die Feuerwehr hinaus: „Wir müssen auch über den Innensenator und den zuständigen Abteilungsleiter Axel Dechamps sprechen.“ sam/win
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen