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Naturschutz und EU-GeldAm Ziel zwei vorbei?

■ Trotz FFH-Streit ist angeblich noch viel Zeit für EU-Förder-Anträge

Die ersten Signale aus Brüssel sind schon fünf Monate alt: Wenn die Bundesländer ihre FFH-Naturschutzgebiete nicht endgültig nach Brüssel melden, drohe das Einfrieren von EU-Strukturhilfen. Über die Bewertung dieser Drohung gehen die Meinungen inzwischen weit auseinander: SPD und Grüne wähnen Millionen bereits im Orkus, die CDU glaubt, noch viel Zeit zu haben.

Stein des Anstoßes ist das „Ziel 2“-Förderprogramm. Das Programm ist für Regionen gedacht, „die von rückläufiger industrieller Entwicklung schwer betroffen sind“. Die Ziel 2-Förderung speist sich hauptsächlich aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE). Vereinbart werden immer mehrere Jahre Laufzeit.

Das letzte Ziel 2-Programm galt für die Jahre 1994 bis 1999, dieses Jahr steht eine Neuauflage des millionenschweren Hilfspakets an. Zwei Drittel aller EU-Gelder für Bremen waren im Ziel 2 Programm festgelegt. Rund 100 Millionen Euro kamen in den letzten sechs Jahren nach Bremen – als Zuschüsse zu betrieblichen, arbeitsplatzschaffenden Investitionen, zur Wiederherrichtung altindustrieller Flächen, als Technologie- oder Entwicklungsförderung des Dienstleistungssektors. Zu den geförderten Projekten zählten zum Beispiel der Schlachte-Ausbau, Haven Höövt, die Mühle am Wall oder der Fischereihafen Bremerhaven. Mehr als 800 Einzelprojekte wurden so gefördert.

Derzeit stehen erneute Planungen an: Das nächste Ziel-2 Programm für Bremen und Bremerhaven soll sieben Jahre lang laufen und ein Volumen von insgesamt 109 Millionen Euro haben. Auf dieses Geld bezieht sich die Drohung aus Brüssel: Entweder, die Hansestadt und andere säumige Bundesländer kommen pronto mit einer Liste von zu schützenden Naturgebieten rüber, oder die Ziel-2-Gelder werden eingefroren.

Offiziell sind die Mittel noch nicht vergeben: Zwar hat die europäische Kommission bereits zugestimmt, ein positives Votum von Rat und Europa-Parlament aber fehlt noch. Bevor das nicht geschehen ist, dürfen keine konkreten Projekte beantragt werden.

Der Wirtschaftsdeputation der Bürgerschaft wurde bereits am 3. November 1999 ein erster Entwurf für das neue Ziel-2- Programm präsentiert. Gefördert werden sollen etwa der Science Park der International University Bremen oder die Infrastruktur der Airport-Stadt. Insgesamt fünf Schwerpunkte sollen verfolgt werden: Die Modernisierung der Wirtschaftsstruktur, die Stärkung des Dienstleistungssektors, Umweltschutz und Flächenwiederherrichtung, die Förderung städtischer Problemgebiete und soziokultureller Pilotprojekte. Einzelbetriebliche Förderung soll nicht mehr als 10 bis 20 Prozent des Programmvolumens ausmachen.

Federführend für Planung und Durchführung ist das Wirtschafsressort unter Senator Josef Hattig (CDU). Bis April 2000, so die Planung, soll das sogenannte „Einheitliche Programmplanungdokument“ (EPPD) fertig sein und nach Brüssel geschickt werden: Das Dokument ist die Grundlage für die Europäische Kommission, Ziel-2-Anträge anzunehmen oder abzulehnen.

Ob dieser Termin eingehalten werden kann, ist fraglich. Allerdings rechnet das Wirtschafsressort nicht damit, dass die EU vor September abschließend über die Anträge entscheidet. Das erste Geld für konkrete Projekte soll schätzungsweise Mitte nächsten Jahres fließen. cd

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