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■ Die Giftflut aus einer Goldmine in Rumänien, die eine ganze Region verseuchte, ist kein Einzelfall. Der Goldabbau mit Zyanid vergiftet immer wieder ganze Landstriche. Häufig geschieht dies in so genannten Entwicklungsländern, und häufig sind Unternehmen aus der westlichen Welt an diesen Minen beteiligt. Dabei gibt es schon jetzt Gold genug. Es liegt als Barren in Banktresoren herumGoldfische leben länger

Dammbruch bei einer Goldmine: Millionen Liter hochgiftiges Wasser mit umgewälzter Erde bewegen sich tagelang aus einem Rückhaltebecken in einen Fluss, der wiederum in einen anderen mündet. Tote Fische schwimmen bauchoben, den Anwohnern wird geraten, kein Trinkwasser mehr aus dem Fluss zu entnehmen, Wasserwerke machen zeitweise dicht. Vögel und Tiere verenden an den Ufern, Fischer sind verzweifelt, weil sie ihre Lebensgrundlage verloren haben. Die Betreiber der Goldminen aber wiegeln ab: Die Konsequenzen seien nicht so gravierend, sie selber träfe keine Schuld. Nach ein paar Wochen ist alles vergessen, bis zum nächsten Unfall an dieser Stelle oder an einem anderen Ort dieser Welt, vorzugsweise in armen Ländern.

Das Szenario ist immer das gleiche, der Auslöser immer derselbe: die Gier nach dem Gold, oder genauer ausgedrückt: die Gier nach Schmuck, nach dem unzerstörbaren Metall, nach der Wertanlage. 75 Prozent des Goldes, das heute weltweit abgebaut oder herausgewaschen wird, geht in die Schmuckindustrie. Rund 3.000 Tonnen Gold wurden 1998 weltweit dafür abgebaut. Gleichzeitig liegen in den Zentralbanken der Industrieländer die Barren als Währungsreserve in den Kellern.

Der obige Unfall ist keineswegs der aktuelle aus Rumänien, sondern der aus dem südamerikanischen Guyana, als im August 1996 an der Omai-Goldgrube das Rückhaltebecken barst. Das Unternehmen, das sich damals aus der Verantwortung zog, war – wie in Rumänien – kein einheimisches, sondern die kanadische Cambior Ltd und die US-amerikanische Golden Star Resources.

Und es ist nur ein Beispiel für eine lange Reihe von Unfällen bei Goldminen mit verheerenden Auswirkungen auf Umwelt und Menschen. 1998 stürzte an der Goldmine Kumtor in Kirgisien ein Lkw mit einer Ladung Zyanid von der Schotterstraße ab, die zu der Goldmine führt. Eine unbekannte Menge Natriumzyanid landete im Issyk-Kul-See, eine wichtige Trinkwasserquelle in der Region. Statt die Bevölkerung zu informieren, wurde das Wasser mit Chlor neutralisiert. Noch Wochen später mussten Einwohner der umliegenden Dörfer in die Krankenhäuser eingeliefert werden. Besonders pikant: Die Mine Kumtor liegt in einem Biosphärenreservat, also in einem wegen seiner ökologischen Besonderheit international anerkannten und geschützten Gebiet. Noch pikanter: Die Mine gehört nicht nur zu einem Drittel einer kanadischen Firma, sondern wird aus internationalen Entwicklungsgeldern finanziert wie von der International Finance Corporation, einer Tochter der Weltbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau in London. In beiden Banken haben die deutschen Repräsentanten hohen Einfluss. An der Kumtor-Mine stürzte, noch bevor das Unglück in Rumänien die Diskussion um die Goldförderung wieder in das internationale Bewusstsein katapultierte, am 19. Januar 2000 ein LKW mit Salpetersäure um. Das zuständige kirgisische Ministerium lässt, angesichts der steigenden Kritik aus dem Ausland, nach diesem Unfall Boden und Wasser auf Folgen untersuchen.

Der Protest gegen die Folgen der Goldförderung wächst weltweit, Betroffene greifen deswegen mittlerweile auch zu gerichtlichen Mitteln. Vergangenen Sommer zogen 500 Einwohner aus der Essequibo-Region vor Gericht, um von den Betreibern der Mine Wiedergutmachung für den Schaden zu bekommen. Im Dezember protestierten 6.000 peruanische Bauern vor der Minera Yanacochea Goldmine. Die Mine trage nicht zur Entwicklung der Region bei, beschwerten sich die Bauern, sondern vergifte ihr Wasser und ihr Land. In Indonesien erhielt Yosefa Alomang einen Preis für ihren Protest gegen Menschenrechtsverletzungen durch das Bergbau-Unternehmen Freepport MacMoRan Copper&Gold. Auch international schließen sich Umweltschützer und Betroffene zusammen. So fand erstmals im ehemaligen Goldrauschzentrum Kalifornien im vergangenen Sommer ein „Gold-Gipfel“ statt, an dem Delegierte aus 21 Ländern teilnahmen. Zum Abschluss forderten sie einen Stopp des Neubaus von Minen, die vom Einsatz giftiger Chemikalien abhängig sind.

Mit dem Protest haben die Organisationen mittlerweile durchaus Erfolg: So erwirkte anhaltender Widerstand gegen den Goldabbau im türkischen Bergama (Pergamon) eine Entscheidung des obersten türkischen Gerichtshofes. Der Goldabbau wurde nicht genehmigt. Allerdings hat sich die Firma Eurogold laut der Menschenrechtsorganisation FIAN immer noch nicht aus dem Gebiet zurückgezogen.

Auch die Indianer im US-Staat Montana konnten über ein Bürgervotum der Zyanidlaugung Einhalt gebieten, trotz des heftigen Protestes des Betreiberkonsortiums. Das australische Unternehmen BHP musste eingestehen, dass der Abbau von Gold und Kupfer in der Mine in Papua-Neuguinea „nicht mit unseren ökologischen Zielen in Einklang steht und dass sich das Unternehmen nie hätte daran beteiligen dürfen“. Bis 1990 war die deutsche Degussa noch Anteilseigner an dieser Mine. Für die Vorsitzende von FIAN, Petra Sauerland, ist die Lösung klar: „Gold liegt tonnenweise nutzlos herum – über das Recycling können alle Bedürfnisse befriedigt werden.“

Maike Rademaker

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