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Die Quittung für Schwarz – gelt?

Morgen ist die erste Wahl nach dem CDU-Spendenskandal. Gewinner und Verlierer stehen fest  ■ Von Peter Ahrens

Die Gewinner stehen fest, der Verlierer auch – und trotzdem ist der Medienaufmarsch zur morgigen Landtagswahl in Schleswig-Holstein groß wie nie, dennoch spricht alles von der Spannung, die die Wahl mit sich bringe: Die bundesweite Aufmerksamkeit, die morgen auf Kiel ruht, ist noch größer als bei der Pfeiffer-Barschel-Wahl 1987. Diese ist die erste Wahl nach Anderkonten, Schwarzgeldern, jüdischen Vermächtnissen, brutalstmöglicher Aufklärung und Ehrenworten. Die CDU-Spendenaffäre hat den Wahlkampf komplett dominiert, hat alles zugedeckt, was auch nur entfernt an Landespolitik erinnert hat. Nationalpark, Atomausstieg, Bildungspolitik – Lappalien, die Medien wollten anderes hören und die WählerInnen, die in die Veranstaltungen gekommen sind, auch. Wahlkampf im Affären-Mief.

So wird morgen einer seinen geföhnten Kopf in jede Kamera halten können, der als größter Profiteur der gegenwärtigen politischen Situation gilt: FDP-Selbstdarsteller Wolfgang Kubicki, der Möllemann des Nordens, das Stehaufmännchen der schleswig-holsteinischen Politik, gewinnt auf jeden Fall. Viele verschreckte CDU-Stammwähler werden zu Hause bleiben und die Wahlbeteiligung nach unten drücken – zum Wohle der Liberalen. Die freuen sich zudem über so manche enttäuschte Union-Stimme und darüber, dass erstmals im Lande auch eine Zweitstimme abgegeben wird – von der seit jeher die Kleinen den Vorteil haben.

Nicht alle Kleinen allerdings: Die, die sich von der Einführung der Zweitstimme das meiste versprochen haben, könnten am Ende als die Loser da stehen: Die Grünen. Mit der Änderung des Wahlgesetzes, die sie vor vier Jahren in den Koalitionsvereinbarungen der SPD abtrotzten, glaubten sie, ihren Bestand im Parlament auf Dauer garantiert zu haben. Doch schon bei der ersten Wahl nach ihrem Einzug in Parlament und Regierung droht ihnen wieder der Rausschmiss. Nur zwischen 4,8 und fünf Prozent sehen die Demoskopen für den kleinen Koalitionspartner – zu viel Frust und Enttäuschung haben landes- und bundesweite Regierungsbeteiligung bei den Grün-WählerInnen zurückgelassen.

Selbst Parteimitglieder waren im Wahlkampf eher lustlos und demotiviert, der kämpferischen Siegeszuversicht ihrer Spitzenkandidatin Irene Fröhlich zum Trotz. Die Parteikrise nach dem Kosovo-Krieg, die teilweise in der Öffentlichkeit unglücklich wirkende Umweltpolitik des Fachministers Rainder Steenblock, der verlorene Kampf um den Stopp der A 20 – all das zeigt Wirkung, und auch das hektische Engagement vom Promi Joschka Fischer samt seinen Laufschuhen im Wahlkampf bringt inzwischen nicht mehr den erhofften Schub. Grün steht morgen auf der Kippe, und das Abschneiden der Partei gehört zum Spannendsten des Wahlergebnisses.

Davon hängt auch das Wohl der Ministerpräsidentin ab. Heide Simonis hat die Grünen nach viel Streit in der Startphase in den vergangenen zwei Jahren eher kleingehalten und spricht seither von „einer konstruktiven, guten Politik mit dem Koalitionspartner“. Wenn die Grünen nicht in den Landtag einziehen, bleibt ihr eigentlich nur der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) als Unterstützer einer SPD-Minderheitsregierung.

Mit Kubicki wird Simonis sich nicht einlassen, die beiden mögen sich nicht, spätestens seitdem die FDP mit der Ministerpräsidentin als Bulldogge plakatiert hat. Und eine Große Koalition mit einer angeschlagenen Rühe-CDU wird Simonis nicht eingehen – zu groß ist der Druck des Bundeskanzlers aus Berlin, die rot-grüne Front im Bundesrat nicht noch weiter bröckeln zu lassen. Schließlich hoffen die Sozis noch auf eine Neuwahl in Hessen, um sich durch einen dort vorhersehbaren Sieg dann wieder eine Bundesratsmehrheit zu sichern, mit der rot-grün seine Gesetze durchbringen kann.

Hauptverlierer wird auf jeden Fall Volker Rühe sein. Er selbst nennt einen CDU-Sieg inzwischen ein „Wunder, an das ich immer noch glaube“. Und seine Empfehlung an Journalisten, „am Sonntag Abend alle Fernsehen zu gucken, dort wird es eine Überraschung geben“, wird von den Medienleuten nur noch mit mitleidigem Grinsen quittiert. Dass er die Hälfte seines Schattenkabinetts aus Hamburg rekrutiert hat, hat ihm auch nicht mehr Sympathien eingebracht.

Der CDU-Spitzenkandidat wird die Wahl so gut wie sicher verlieren und anschließend mit dem Verlierer-Image behaftet in den Zweikampf mit Angela Merkel um den Bundesvorsitz gehen. Damit hat der 59-Jährige seine letzte Chance, nach ganz oben zu kommen, vergeigt. Der Mann, der vor drei Monaten schon mit Siegerglänzen im Auge über die Deiche lief, hat sich verkalkuliert. Der Weg zur Parteispitze und zu einer möglichen späteren CDU-Kanzlerkandidatur führt eben doch nicht über Kiel.

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