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Malerei im Bahnhof

■ Als Ergänzung gedacht, nicht so sehr als Alternative: In Harburg hat gerade Hamburgs zweiter Kunstverein eröffnet

Endlich zieht Hamburg mit Hannover gleich. Die Rede ist nicht von mäßig besuchten Großausstellungen, sondern von der Anzahl der Kunstvereine. Denn einen zweiten solchen soll die Stadt bekommen, wie kurz vor Pfingsten auf einer offiziellen Pressekonferenz in einem Hotel auf der Fleetinsel bekanntgegeben wurde. Der „Kunstverein Harburger Bahnhof von 1999 e. V.“ will vor allem ein Ort für die Auseinandersetzung mit Malerei werden. Das könnte wie eine Kampfansage gegen den alten Kunstverein in Hamburg am Klosterwall klingen, soll aber ausdrücklich als zusätzliches Angebot verstanden werden.

Der neue Ort für die Bilder liegt, da sich ein „r“ leicht überliest, sei es wiederholt, in Harburg und zwar im Inselgebäude des Bahnhofs von 1896. Dort steht ab Oktober der sieben Meter hohe, mit alter Kassettendecke geschmückte Wartesaal erster Klasse mit etwa 500 Quadratmetern für die eindrucksvolle Präsentation von Malerei und malereiverwandter Kunst zur Verfügung.

Es soll beginnen mit Farbholzschnitten des Schweizer Realisten Franz Gertsch, der an jedem seiner sechs mal zwei Meter großen Porträts etwa ein Jahr arbeitet. In 2001 werden dann eine Malmaschine, die konkrete Kunst von „Mondrians Erben“ und die bisherigen „Harburg-Stipendiaten“ ausgestellt und eine Dieter Roth Retrospektive ist in der Planung.

Der neue Kunstverein, der schon jetzt mit goldbronzenem Briefpapier auftritt, ist zwar eine Künstlerinitiative, hat aber eine beachtliche Zahl von Sponsoren aus Wirtschafts- und Bankenkreisen mobilisieren können, allen voran natürlich die Deutsche Bahn.

Für den neuen Kunstverein umgebaut und eingerichtet wird das Gebäude durch das Hamburger Architektenbüro Gössler, das den neuen Ort auch als erste nutzen werden: Im Rahmen des Hamburger Architektur Sommers präsentieren sie ab 2. September dort ihre Arbeit aus den letzen 14 Jahren. Bleibt bloß zu hoffen, dass nicht auch in Zukunft mehr Beteiligte als Interessenten bei den Aktivitäten des Kunstvereins Harburger Bahnhof anwesend sein werden, wie es bei der äußerst förmlichen Bekanntgabe dieser Pläne im Hotelkonferenzraum war.

Hajo Schiff

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