: Unternehmen sind fein raus
Die Börsenkommission veröffentlichte ihre Empfehlungen für die Neuausgabe von Aktien
von HANNES KOCH
Heute ist Bescherung. An diesem Montag werden die zusätzlich ausgegebenen Aktien der Deutschen Telekom AG erstmals an den Börsen gehandelt. Interessierte Anleger, die die Scheine per Zeichnung bei einer Bank reserviert haben, machen sich schon mal auf eine Überraschung gefasst: Habe ich Aktien bekommen? Und welchen Preis muss ich bezahlen?
Es ist das alte Lied: Nichts Genaues weiß man nicht – bis das Unternehmen sich bequemt, die Aktionäre über das Verfahren der Aktienemission zu informieren. Bis gestern weigerte sich die Telekom standhaft, zu erläutern, wie viele Scheine die Aktionäre jeweils bekommen, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. „Für Aktionäre unbefriedigend“, lautet das Urteil von Jürgen Kurz, dem Sprecher der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Daran etwas zu ändern, hätte es kürzlich die Gelegenheit gegeben – doch man ließ sie verstreichen. Im Gegensatz zu ihrer öffentlichen Kritik verstand sich auch die Schutzgemeinschaft nicht darauf, zugunsten der Privatanleger auf den Tisch zu hauen. Der Lobbyverband sitzt in der „Börsen-Sachverständigen-Kommission“, die im Auftrag von Bundesfinanzminister Hans Eichel in diesen Tagen ihre „Grundsätze für die Zuteilung von Aktienemissionen an Privatanleger“ veröffentlicht hat. Die Hoffnung, Laien-Aktionäre würden künftig vor dem merkwürdigen Geschäftsgebaren der Aktiengesellschaften geschützt, hat sich nicht erfüllt. Im Vergleich zur Anarchie der Vergangenheit habe das Papier immerhin einige Basisregelungen aufgestellt, rechtfertigt Lobbyist Kurz den Kompromiss seines Verbandes mit Börsenvertretern und den Großbanken.
Die Börsenkommission will den Anlegern Einblick in das Zuteilungsverfahren garantieren, das die jeweilige AG bei ihrem Börsengang wählt. Wie viele Aktien bekommen die Privat- und Kleinanleger? Wie viele gehen an „family & friends“, die Freunde und Verwandten der Mitarbeiter in der Aktiengesellschaft? Welche Summe geht an die großen institutionellen Anleger und Investmentfonds? Angaben darüber sollen die Firmen künftig vor der Zeichnungsfrist veröffentlichen. Denn davon kann auch Gewinn oder Verlust bei Privatanlegern abhängen. „Transparenz“ lautet der oberste Grundsatz.
Leider wird dieser sofort wieder eingeschränkt. Und zwar so weit, dass wenig übrig bleibt. Die Firmen müssen die Angaben nur machen, „wenn sie (...) vereinbart wurden“. Klartext: wenn die Firma es für opportun hält. Erst „nach Abschluss der Zuteilung“ sind Aktiengesellschaften angehalten, das Zuteilungsverfahren zu veröffentlichen.
Welches Verfahren die jeweilige Firma und ihre Banken wählen, bleibt außerdem in ihr Belieben gestellt. Das von der Schutzvereinigung geforderte Quotenverfahren – alle Zeichner bekommen im Falle der Überzeichnung der Emission wenigstens ein paar Aktien und niemand geht ganz leer aus – erwähnt die Börsenkommission zwar, legt es jedoch nicht verbindlich fest.
Völlig offen lassen die Sachverständigen auch, an welchen Kriterien sich der Ausgabepreis der Aktien orientieren soll. In den vergangenen Monaten behielten sich mehrere Firmen vor, den Preis noch während der Zeichnungsfrist zu erhöhen, sollte die Nachfrage groß ausfallen. Derartige Geldschneiderei bleibt auch in Zukunft möglich.
Die Grundsätze lassen den Unternehmen „sehr viel Freiheit“ und enthielten „einige große Schwachstellen“ , resümiert Aktionärsvertreter Kurz. Insofern könne man auch der Telekom wegen ihrer mangelhaften Informationspolitik keinen Vorwurf machen: Das Unternehmen hält sich an die Empfehlungen.
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