ex und pop (5): stereomotorräder:
von DIETRICH ZUR NEDDEN
„Please warmly welcome – Mister Dennis Hopper!“ Es waren um die 2.000 Menschen, die im Freiluftkino auf der Piazza Belvedere (vornehm ist mindestens die Namensgebung auf der Expo) dem prominenten Mann zujubelten, ich Adabei in der letzten Reihe so weit weg, dass ich ihn nicht identifizieren konnte, mir nur dachte, die kleinste von den kleinen Figuren, das muss er sein.
Hopper stellte eine neue, in Zusammenarbeit mit Sony digital aufgemöbelte Kopie von „Easy Rider“ vor. Der Film sieht wie neu aus, farbenfroh und frisch, und der Soundtrack mit „The Pusher“ und „Born To Be Wild“ klingt jetzt nach Stereo, wie auch die Motorräder in Stereo von links nach rechts pockern oder von rechts nach links, je nach dem. Der Begriff Authentizität bekommt eine ganz neue Nuance, denn die Friedhofsszene auf Acid bleibt technisch so mies, wie sie immer war. Aus jedem Bild quillt einem der Marihuana-Rauch entgegen, nun extra wolkig. Der Sicherheitsdienst hatte damit aber keine Probleme.
Was vor dreißig Jahren ein „Fausthieb ins Gesicht“ des alten Hollywood war, ein Film, dessen Wirkung auf die Filmindustrie „einem Erdbeben glich“ (Peter Biskind in seinem Buch „Easy Riders, Raging Bulls“), gemacht von einer Gruppe dauernd komplett zugedröhnter Freaks, wurde unmittelbar nach seinem Kinostart ein kommerzieller Erfolg, ist längst in der Hochkultur angekommen. Glück gehabt. Denn wenn es nach Hopper gegangen wäre, erzählt Biskind, wäre der Film viereinhalb Stunden lang gewesen. Nicht nur weil er dachte, „dass einmal herausgeschnittene Szenen unwiderruflich verloren wären. Als wir das merkten, fielen wir fast vom Hocker. In diesem Irrglauben hatte er monatelang an seinem Film rumgepusselt! Wir konnten es nicht fassen. Dennis war der schlechteste Cutter, den es jemals gegeben hat.“ Und brüllt jetzt jemand Verrat, weil Hopper in einer Ford-Werbung mit seinem Film-Ego aus „Easy Rider“ um die Wette fährt? Nein? Niemand? Ach so. Warum auch?
Als Hopper die Bühne wieder verlassen hatte, fielen fünf Tropfen Regen, und im Nu waren etliche Stuhlreihen leer. Das Event war schließlich in diesem Moment beendet, den Film anzugucken sparte man sich. Anschließend lief ein weiterer Film mit Hopper, eine Dokumentation über die Werbebranche mit dem Titel „Die Kunst, Leute von ihrem Geld zu trennen“. Für die Expo-Macher vielleicht noch nicht zu spät, um was zu lernen.
Nach dem Ausscheiden Jugoslawiens bei der EM schlenderte ich zum jugoslawischen Pavillon, um zu sehen, wie das Standpersonal die 1:6-Schlappe verkraftet – halt! Jugoslawien fehlt. Die Korrespondenz der Expo GmbH mit dem Schurkenstaat endet im März 1999. Der Irak ist auch nicht da beim Fest der Welt, deren Polizist namens USA fehlt ebenfalls. Dort planen sie stattdessen laut Variety eine Fortsetzung von „Easy Rider“. Da die drei Helden tot sind, muss jemand anderes ran. Zeit hätte Jürgen Vogel, von dem der nachdenklich machende Satz stammt: „Ich lebe in Berlin. Warum sollte ich nach Hannover fahren, um mir die Welt anzugucken?“
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