Wut auf „Betrüger“

Eberhard Diepgen (Berlin) und Jörg Schönbohm (Brandenburg), die abtrünnigen CDU-Landeschefs, spielen in der Partei keine Rolle

BERLIN taz ■ Sollte am Freitag dieser Woche das Präsidium und der Vorstand der CDU sich zu einer außerordentlichen Sitzung treffen, um über die Niederlage im Bundesrat zu sprechen, werden zwei Männer besonders in der Kritik stehen: Eberhard Diepgen und Jörg Schönbohm. Beide hatten – im Gegensatz zur den Bremer Parteifreunden – ihr Abstimmungsverhalten bis zum Schluss im Unklaren gelassen. Als sie dann im Bundesrat die Steuerreform mittrugen, entlud sich der Zorn der Partei. Von „schamlosem Betrug“ ist intern die Rede, und CSU-Chef Edmund Stoiber zürnte gar: „Ein solches Maß an Illoyalität gegen die eigene Parteivorsitzende kann nicht ohne Konsequenzen bleiben.“

Nur: Was könnte den beiden CDU-Ausreißern schon drohen? Beide gehören, der eine als Chef der Berliner, der andere der Brandenburger CDU, dem CDU-Präsidium an. Karrieren auf bundespolitischer Ebene dürften beide kaum noch anstreben. Sie hätten auch, realistisch betrachtet, kaum eine Chance. Im Konzert der Landesverbände waren und sind Berlin und Brandenburg vernachlässigbare Größen, auch wenn Schönbohm auf dem letzten Bundesparteitag mit knapp 60 Prozent der Stimmen ins Präsidium gewählt wurde.

Diepgens Einfluss war schon immer gleich Null – unter Helmut Kohl ging die gegenseitige Abneigung tief. Im Präsidium sitzt er nur, weil er dazu als Landesvorsitzender berechtigt ist. Kohl verzieh es Diepgen nie, dass er nach dem Mauerfall am 10. November 1989 vor dem Schöneberger Rathaus gnadenlos ausgepfiffen worden war. Berliner Interessen vertrat damals, weitaus wirkungsvoller, der allmächtige CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky – er durfte mit Kohl speisen gehen.

Dass nach der Entscheidung des Bundesrates der frühere Bundeswehrgeneral Schonböhm öffentlich sein Verhalten mit dem Kurswechsel Diepgens begründete, hat eine pikante Note: Das Verhältnis beider ist seit langem gestört. Schönbohm nämlich war es, damals noch als Berliner Innensenator, der als Diepgens Nachfolger ins Gespräch gebracht wurde. Nur mit taktischen Raffinessen wurde eine Kampfkandidatur damals verhindert. Schönbohm, damals Diepgens Stellvertreter, gab schon wenige Monate später entnervt seinen Job in Berlin auf. Der Aufstieg zum Landeschef der Brandenburger CDU dürfte für Schönbohm kaum mehr zu übertreffen zu sein. Dagegen steht sein Alter und der Umstand, dass er erst seit wenigen Jahren Mitglied der CDU ist. SEVERIN WEILAND