: NPD-Absage spaltet Protestbündnis
Initiator Uwe Wesel will Proteste gegen die NPD am 27. Januar abblasen. DGB und Grüne weiterhin für Sternmarsch
Nach der Absage des NPD-Aufzuges am Holocaust-Gedenktag hat sich der Initiator der Gegendemonstration, der Jura-Professor Uwe Wesel, dafür ausgesprochen, auf den geplanten Sternmarsch zu verzichten. „Wir haben erreicht, was wir wollten. Ich bin zufrieden“, sagte der FU-Professor. Die NPD habe erkannt, dass sie mit ihrem Aufzug am 27. Januar 2001 völlig marginalisiert worden wäre.
Wesel befürchtet, dass eine Gegendemonstration nach der Absage der NPD ins Leere laufen könnte. Es sei nun schwieriger, dafür zu mobilisieren. „Ich würde dringend davon abraten.“ Für den Fall, dass die NPD ihre Kundgebung in einigen Wochen wieder anmelde, ließe sich das breite Bündnis gegen rechts schnell wieder aktivieren.
An dem Bündnis sind DGB, SPD, Bündnis90/Die Grünen sowie die Studentenvertretungen der drei Universitäten beteiligt. Wesel steht mit seiner Position bislang aber alleine.
Der DGB, der den Sternmarsch zum Brandenburger Tor angemeldet hat, sieht keine Veranlassung zu einer Absage. „Es wäre falsch, die Sache abzublasen, sagte DGB-Vize Bernd Rissmann. Es gehe nicht nur um eine Abwehr der NPD-Demonstration, sondern auch um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und für das multikulturelle Zusammenleben in Berlin. Mit dem Sternmarsch, der von fünf historischen Orten wie dem Jüdischen Viertel oder dem künftigen Holocaust-Mahnmal ausgehen wird, will der DGB den öffentlichen Raum besetzen, um der NPD zuvorzukommen. In der nächsten Woche werden die an dem Bündnis beteiligten Gruppierungen gemeinsam über das weitere Vorgehen beraten. Heute beraten der FU-Asta und der Landesvorstand der Grünen die neue Lage. Die grüne Landesvorstandssprecherin Regina Michalik sah gestern keinen Grund zu einer Absage. Die Gegendemonstration dürfe aber nicht die einzige Aktivität des Bündnisses bleiben. Auch Asta-Referent Alexander Klose erklärte gestern: „Ich persönlich bin der Ansicht, man sollte die Demonstration trotzdem machen.“ Es müsse deutlich werden, dass es eine Mehrheit gegen rassistische Tendenzen gebe.
Derweil plant der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, für Ende September ein Popkonzert gegen rechts am Brandenburger Tor. Das CDU-Mitglied hat bereits Marius Müller-Westernhagen gewinnen können und will morgen mit weiteren Musikern sprechen, darunter Herbert Grönemeyer und BAP-Sänger Wolfgang Niedecken.
DGB-Vize Rissmann meinte dazu: „Jede Aktivität, die sich gegen Rechtsextremismus wendet, ist nützlich.“ Er hätte sich allerdings gewünscht, dass die Prominenten, die nun neue Aktionen gegen rechts ins Leben riefen, sich am seit 1991 bestehenden „Bündnis gegen Rechts“ des DGB, der Wohlfahrtsverbände und der Kirchen beteiligt hätten. „Wir brauchen nicht noch neue Bündnisse, sondern ein großes gemeinsames Bündnis.“
DOROTHEE WINDEN
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