: Bauen mit Lehm wird in Berlin gefördert
Ökologisches Bauen in Berlin: Die Holzrahmenbauweise lässt sich gut mit Lehmbau kombinieren. Es werden nur Baustoffe verwendet, die für Gesundheit und Umwelt unbedenklich sind
Die Baufamilie mit drei Kindern verwirklichte sich ihren Traum vom eigenen Haus aus Holz und Lehm und zog aus der Plattenbausiedlung in der Innenstadt an den Berliner Stadtrand. Farbige, selbst verputzte Wände und massive Innenwände aus Stampflehm zwischen Holzständern, durchsetzt von farbigen Tonerden, zeigen dieses Haus als erholsamen Tupfer im Fertighauseinerlei, der sich in der Nachbarschaft breit macht.
Nach der anfänglichen Sorge des Bauherrn, ob man das Wunschprojekt auch finanzieren könnte, wurde es zunächst praktisch: Ein Lehmbau-Seminar im Frühsommer 1999 brachte neben der Theorie auch viel Spaß mit dem Naturbaustoff. Unsere Baufamilie paukte Theorie, derweil sich die Kinder schon ihr eigenes Haus aus Lehm gestalteten. Gut gerüstet sah die Baufamilie gespannt dem Baubeginn Mitte Juni 1999 entgegen.
Nach der Aufstellung des Holzrahmenbaus durch einen Zimmermannsbetrieb und der Dämmung mit verdichteter Zellulose stapelten die Bauherrn in Eigenleistung schwere Lehmsteine in die Decke des Hauses, um einen hohen Luftschallschutz und eine gute Trittschalldämmung zu erhalten. An der Innenseite der hoch gedämmten Außenwände wurden von einer Potsdamer Firma schwere Lehmelemente an der Holzwerkstoffbeplankung befestigt und mit einem zweilagigen Lehmputz versehen. Im Treppenhaus wurde vom Bauherrn in eigener, filigraner Handwerkstechnik mit Sichtmauerwerk zwischen den Gefachen gemauert.
Der Fußboden der Wohnküche bekam einen Lehmestrich und keramische Fließen. Den Lehmputz oberhalb der Arbeitsplatten der Küche schützt der Bauherr aus gestalterischer und funktionaler Absicht mit einer offenporigen Kaseinlasur. Die Küche erhielt einen Vorratsraum mit Lehmschlag verputzt und dient in althergebrachter Weise als ideale Speisekammer. Der farbige Lehmputz im Bad wurde nur in den Spritzwasserbereichen durch Fließen ersetzt. Die beim Duschen entstehende Feuchtigkeit wird über die Lehmwände sehr gut reguliert. So entsteht ein angenehmes Raumklima und die Schimmelpilzbildung wird verhindert. Von der mitten im Raum stehenden Badewanne gleitet der Blick über ein Lichtband im Dach in den Himmel. Großzügige Geschosshöhen im Erdgeschoss (2,90 Meter) und bis in den First reichende Raumhöhen im Dach sind fast schon selbstverständlich bei diesem Bauvorhaben.
Einen eigenen Blickpunkt bildet die farbige Stampflehmwand zwischen Büro und Wohnraum. Zwischen die statisch wirksamen Holzstiele und eine Holzschalung wurde erdfeuchter, aus dem Baustellenaushub aufbereiteter Lehm gegeben und mit einem Stampfer verdichtet. Farbige Tonerden aus der Region wurden schichtenweise eingelegt. Eine farblose Kaseinlasur schließlich stabilisiert die Wandoberfläche.
Es versteht sich von selbst, dass bei einem solchen Projekt Baustoffe verwendet wurden, die für Gesundheit und Umwelt als unbedenklich gelten. So wurden von den Planern in der Ausschreibung neben den ökologischen Baukonstruktionen Schadstoffe emittierende und sehr energieaufwendige Baustoffe ausgeschlossen. Das heißt unter anderem: Verzicht auf PVC und Pur-Schäume, Aluminium und Mineralwolle.
Dieses vernünftige Verhalten von Bauherren wird auch von der Berliner Landesregierung gefördert: Aus einem speziellen Förderprogramm für ökologisches Bauen werden Kredite bewilligt, für die nur ein Prozent Zinsen zu zahlen sind. Dabei können die Baukosten von 2.400 Mark pro Quadratmeter Nutzfläche mit den Kosten eines Fertighauses durchaus mithalten.FRIEDRICH SCHINDLER
Schindler, Homann, Depta, Büro für Lehmbau & Architektur, Berlin.
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