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Innenleben in Gefahr

Dem „Haus des Lehrers“ droht, trotz Erhalt, die Zerstörung. Investor will die denkmalwerte modernistische Innengestaltung des Gebäudes verändern

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Die Abrissbirne macht nicht Halt vor der Innenarchitektur denkmalgeschützter Nachkriegsbauten. Als vor genau einem Monat bekannt wurde, dass das vom Abriss bedrohte „Haus des Lehrers“ am Alexanderplatz gerettet und saniert werden sollte, ging ein Aufamtmen durch die Reihen der Denkmalschützer. Jetzt stellt sich heraus, dass der Investor Olaf Köhler das Hochhaus fast vollständig entkernen und damit die Innengestaltung zugunsten rentabler Büroflächen opfern will. Köhler möchte das von Hermann Henselmann 1964 erbaute „Haus des Lehrers“ samt der benachbarten Kongresshalle vom Land für rund 22 Millionen Mark erwerben und es als „Berliner Congress Centrum“ wieder eröffnen.

Geht es nach den Vorstellungen des potentiellen Investors, werden im „Haus des Lehrers“ nicht nur die Foyers, lichten Arbeitsräume und holzvertäfelten Vortragssäle verschwinden und mittels Wanddurchbrüche vergrößert. Auch die beiden großen verglasten Treppenhäuser des 54 Meter hohen Gebäudes plant Köhler abzureißen.

Schließlich soll die gläserne Eingangshalle umgebaut und mit einem Fahrstuhlturm verbaut werden. Die Fassade der einstigen Lehrerausbildungsstätte dagegen bleibt erhalten. Auch das 125 Meter lange Mosaik von Walter Womacka wird restauriert. Die Kongresshalle soll ebenfalls saniert und teilweise umgebaut werden.

Während die Denkmalbehörde das Haus nach Zeiten der Ungewissheit gerettet sieht, gehen Architekten und Mieter des Gebäudes mit der Behörde sowie dem Investor scharf ins Gericht. Nach Ansicht der Architekten Peter Sandhaus und Wilfried Hackenbroich werde der Umbau die „Idee des Hauses und die Spuren der 60er-Jahre-Moderne“ vernichten. Henselmann habe mit dem offenen Eingangsbereich eine Verbindung zwischen Außen- und Innenräumen geschaffen, sagte Sandhaus der taz. Die verglasten Treppenhallen und Foyers dienten als Kommunikationsorte.

Neu war 1964 auch die flexible Raumgestaltung im „Haus des Lehrers“, erläuterte Hackenbroich. Grundrisse und Zimmer konnten durch Wandverschiebungen verändert werden. Die interne offene Struktur und die äußere verglaste Hülle seien von Henselmann aufeinander abgestimmt gewesen. Dies abzureisen „zugunsten der Gewinnmaximierung im Innern“, so Sandhaus, bedeute den Verlust eines modernen Architekturkonzepts.

Auf einem Symposion am Donnerstagabend zum Thema „Nachkriegsmoderne“ forderten die Architekten ihre Kollegen zum Widerstand auf. Ihr Ruf verhallte in nostalgischen Beschwörungen der DDR-Architektur.

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