: Alarmstufe eins in Jerusalem
Nach dem Bombenattentat von Jerusalem: Israel verschärft Sicherheitsvorkehrungen, und hebt die meisten Blockaden der besetzten Gebiete nicht auf. Islamistische Hamas will „mit allen Mitteln“ trotz der Waffenruhe weiterkämpfen
aus Jerusalem SUSANNE KNAUL
In einer Fußgängerzone in Jerusalem halten zwei junge Soldatinnen einen Wagen an. Die Insassen sind Araber, die drei Frauen in dem Auto tragen Kopftücher. Die Soldatinnen lassen sich die Ausweise zeigen und sprechen in ihre Funkgeräte. Erst nach einigen Minuten darf der Wagen weiterfahren. Die Insassen sind Palästinenser aus Ostjerusalem und halten sich ganz legal in der Stadt auf.
Einen Tag nach dem Bombenattentat in der Nähe des Jerusalemer Obst- und Gemüsemarktes, bei dem zwei Menschen starben, besteht in Israel höchste Alarmstufe. Die israelische Polizei erhöhte vor allem in den Städten das Sicherheitsaufgebot. Kontrollen finden auch auf inner-städtischen Verkehrsstraßen statt, wo es immer wieder zu langen Staus kommt. Die Polizei zwingt die Autofahrer per Absperrungen zum verlangsamten Slalom, um verdächtige Personen ausmachen zu können und an den Straßenrand zu winken.
Höchste Alarmstufe bestand gestern in der Jerusalemer Altstadt, wo bis zum Mittag rund 5.000 Betende zum muslimischen Freitagsgebet auf den Tempelberg kamen. Hunderte Polizisten und Grenzschützer bewachten die Altstadt und ließen nur über 45-jährige Gläubige zum Tempelberg durch. Die Armee hielt unverändert an der Einreisesperre aus dem Westjordanland fest, obschon die Palästinenser gefordert hatten, die Sperre zu beenden. An den Kontrollpunkten in Richtung Bethlehem und Ramallah war deshalb kaum Betrieb.
Nabil Schaat, der palästinensische Planungsminister, kritisierte, dass „die Israelis von uns fordern, die Verpflichtungen einzuhalten“, sich gleichzeitig aber selbst nicht an die Vereinbarungen hielten. Am Vortag war lediglich die Blockade, die zuvor über die Stadt Hebron verhängt worden war, aufgehoben worden.
Die Unruhen flauten gestern deutlich ab. Am Mittag hatte die Autonomiebehörde einen Aufruf veröffentlicht, künftig „auf friedlichen Wegen“ zu agieren. Auf palästinensischer Seite hatte es am Donnerstag drei Todesopfer gegeben. Die palästinensischen Oppositionsgruppen lehnten die Vereinbarungen zur Eindämmung der Gewalt ab. „Wir werden unseren Kampf mit allen Mitteln fortsetzen“, erklärte der Sprecher der Hamas Machmud Sachar der taz.
Neben den flüchtigen Attentätern vom Donnerstag soll sich noch mindestens eine Terroristengruppe im israelischen Kernland aufhalten, so berichtete der inländische Nachrichtendienst Schin Beth. Scheich Achmad Jassin, Chef der Hamas im Gaza-Streifen, sprach gegen Rabbi Ovadia Jossef, den geistigen Mentor der sich an die Barak-Regierung annähernden zweitgrößten Oppositionspartei Schas, eine Morddrohung aus.
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