: Ungewissheit geht nie zu Ende
Kranker Ghanaer hofft und bangt seit 10 Jahren: Behörde würde Behandlung zwar begrüßen – aber am liebsten im Heimatland ■ Von Elke Spanner
Es gab schon oft Momente im Leben von Seth Amo Yaw, in denen er dachte, er kann nicht mehr. 1992 zum Beispiel, als das erste Mal ein Arzt diagnostizierte, dass der nierenkranke Ghanaer mit der Abschiebung in den sicheren Tod geschickt würde. Oder im vorigen Frühjahr. Als das Hamburger Verwaltungsgericht schon über seinen Fall verhandelt hatte, er nach fast 10 Jahren in Deutschland die Hoffnung hegte, endlich einen sicheren Aufenthalt zu bekommen – und das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bafl) die Entscheidung mit immer neuen Gutachten hinauszögerte (taz berichtete).
Nun hat das Verwaltungsgericht einen Termin zur Urteilsverkündung angesetzt. Am 12. Januar wird es darüber entscheiden, ob Amo Yaw in Hamburg leben und medizinisch behandelt werden darf. Ein Grund zu neuer Hoffnung, eigentlich. Doch die kommt nicht auf, seit der Ghanaer Ende November ein neues Schreiben des Gerichtes erhielt: Das begehrt von der Ausländerbehörde zu erfahren, ob die bereit sei, auf Lebenszeit die Medikamente für Amo Yaw zu bezahlen – in Ghana. Eine entsprechende Zusage wäre „möglicherweise von erheblicher Bedeutung für den Ausgang des Verfahrens“.
Eine Niere von Amo Yaw ist infolge einer Bilharziose kaputt. Operationen, Röntgenuntersuchungen und diverse Medikamente gehören seit Jahren zum Alltag des Ghanaers. Gesund kann er nicht mehr werden, das steht fest. Die Frage ist allein, ob sich sein Zustand auf dem jetzigen Stand stabiisiert oder in Zukunft verstärkt Notfallsituationen auftreten werden. In dem Fall, so das Hamburger Tropeninstitut in einem Gutachten, wäre Amo Yaw in seinem Herkunftsland aufgeschmissen: In Ghana können weder Kathederoperationen noch Notfalldialysen durchgeführt werden.
Dennoch regte das Bafl im Mai beim Verwaltungsgericht an, bei der Ausländerbehörde nachzufragen, ob sie die Tabletten für Amo Yaw in Ghana bezahlen würde, die er täglich schluckt. „Ein Fall, in dem die Behörde eine Dauerbehandlung übernommen hätte, ist mir nicht bekannt“, reagierte Ausländerbehördensprecher Norbert Smekal damals verwundert. Ein halbes Jahr lang sah es auch so aus, als würde das Verwaltungsgericht die Anregung nicht aufgreifen. Doch statt hingegen endlich die zehn Jahre währende Unsicherheit für den kranken Mandanten zu beenden, schrieb das Gericht Ende November dann doch den Brief an die Ausländerbehörde.
„Dass die Ausländerbehörde unbegrenzt Behandlungskosten für einen Ausländer im Ausland trägt, kann für sie nicht in Betracht kommen“, sagt Amo Yaws Anwalt Matthias Ritz. „Und selbst wenn: Es steht fest, dass in Ghana keine Notfallbehandlung möglich ist“. Sollte das Verwaltungsgericht im Januar dennoch die Abschiebung seines Mandanten entscheiden, würde der „dem sicheren Tod überantwortet“.
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