: Ins Kloster, nur um die Tochter zu retten
■ Literaturhaus: Doris Dörrie liest aus ihrem Romen „Was machen wir jetzt?“
„The best moment of your life is right now.“ Sicher, das sagen die Buddhisten doch immer, wähnt man sich sofort ganz schlau. Derlei weise Sprüche klingen mittlerweile so abgenutzt, dass man sich schlicht weigert, in ihnen noch einen Sinn zu erkennen. Und doch nagt da mitunter dieses untrügliche Vernehmen einer tieferen Wahrheit.
Mit derartigen Klischees im Kopf und ambivalenter Gefühlslage im Schlepptau macht sich der Leser an Doris Dörries ersten Roman. Nachdem Was machen wir jetzt? bereits im Mai vergangenen Jahres erschienen ist, kehrt die Autorin heute Abend mit ihm ins Literaturhaus ein. Das Thema Buddhismus, inklusive Erkenntnis auch für westliche Gemüter, ist für Dörrie keineswegs Neuland. Davon legen zahlreiche ihrer Erzählungen und nicht zuletzt ihr letzter Spielfilm Erleuchtung garaniert Zeugnis ab.
Statt Uwe Ochsenknecht ist es im Roman Fred Kaufmann, der wider Willen in ein buddhistisches Kloster nach Südfrankreich reist. Seine einzige Mission: Tochter Franka zu ihrem geliebten Lama Pelge zu bringen, was er allerdings nur macht, um sie schnellstens von ihm zu entwöhnen.
Fred selbst gehört zu der Sorte Mann, die die 40 gerade hinter sich gelassen hat, eine Liebschaft zu einer Mittzwanzigerin unterhält, insgesamt lieber ein anderes Leben zu leben wünscht und entsprechend seit Jahren in einer Ehekrise steckt.
Wie stets beherrscht Dörrie die Kunst, eine Figur mit so vielen Facetten auszustatten, wie ihr naturgemäß zustehen: So ist Fred der notorische Nicht-Klarkommer, der seine Frau Claudia braucht, damit sie ihm das Leben regelt – was ihn konsequenterweise trotzdem unzufrieden lässt. Einmal im Kloster angekommen, ist er aber auch der sympathische Oppositionist, der herrlich gehässige Ausfälle hat. Wie erwartet ereilt auch Fred eine Form von Erkenntnis und sei es jene, dass der schönste Moment im Jetzt liegt. Liv Heidbüchel
heute, 20 Uhr, Literaturhaus
Doris Dörrie: Was machen wir jetzt?, Diogenes Verlag, 304 S., 39,90 Mark
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen