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Schwarze Konten bedrohen Diepgens weiße Weste

Nach neuen Enthüllungen über illegale CDU-Gelder will die SPD den Berliner Bürgermeister als Zeugen vor den Untersuchungsausschuss des Bundestags laden. In der Affäre schließen die Sozialdemokraten jetzt auch den Bruch der großen Koalition in der Hauptstadt nicht mehr aus

BERLIN taz ■ Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) wird voraussichtlich als Zeuge vor dem Parteispenden-Untersuchungsausschuss des Bundestages über schwarze Konten bei der Berliner Union Auskunft geben müssen. „An Diepgen können wir nicht vorbeigehen“, sagte der SPD-Obmann im Ausschuss, Frank Hofmann, gestern der taz. Dabei gehe es vor allem um die Frage, „was wusste Diepgen selbst“. Als CDU-Landesvorsitzender sei Diepgen für das Finanzgebaren seiner Partei politisch verantwortlich. Es müsse geklärt werden, ob es auf dem gestern bekannt gewordenen Schwarzkonto weitere Geldbewegungen gab und ob daneben weitere Konten existierten. Der Ausschuss könne bereits am 8. März beschließen, das Stadtoberhaupt als Zeugen zu laden.

Zuvor hatte der Berliner CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach eingeräumt, dass sein Amtsvorgänger im Wahljahr 1995 ein Konto „außerhalb des offiziellen Rechenwerkes“ eingerichtet hatte. Dort seien 15.000 Mark angelegt worden, die aus der umstrittenen Spende zweier Bauunternehmer und CDU-Politiker an den Berliner CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky stammten. Davon seien Ausgaben für Büromaterialien, Computer und Ähnliches bestritten worden. Nach Verbrauch des Geldes sei dieses Konto im August 1996 wieder aufgelöst worden. Bereits vor Bekanntwerden der neuen Vorwürfe hatte Landowsky am Montag angekündigt, seinen Posten als Vorstandschef der landeseigenen Bank Berlin Hyp im Mai zu räumen.

Der SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder schloss einen Bruch der großen Koalition in dem Stadtstaat nicht mehr aus. Sollte sich herausstellen, dass die Union mit Wissen ihres Landesvorsitzenden Diepgen mehrere Schwarzkonten geführt habe, dann müsse über Konsequenzen nachgedacht werden, sagte Strieder. Ihn würde es „sehr wundern“, wenn ein Funktionär in untergeordneter Position Konten führe, ohne dies mit der Spitze der Partei abzusprechen. Strieder äußerte auch Zweifel an der CDU-Version, wonach das illegale Konto lediglich zum Kauf von gewöhnlichem Büromaterial angelegt worden sei. In jedem Fall sei es „keine einfache Situation für die Koalition“. Die SPD müsse aufpassen, dass sie nicht in die Debatten um den „Berliner Filz“ hineingezogen werde.

Neben der SPD nahmen auch die Oppositionsparteien PDS und Grüne den Regierenden Bürgermeister ins Visier. Die PDS-Fraktionsvorsitzende Carola Freundl warf Diepgen, der sich immer deutlicher von Landowsky distanziert, ein „Schwarze-Peter-Spiel“ vor. Die von Diepgen angekündigte Aufklärungsarbeit müsse sich jetzt „insbesondere auf seine Rolle in dieser Affäre konzentrieren“.

Grünen-Fraktionschefin Sibyll Klotz forderte, Diepgen müsse die Vorgänge „brutalstmöglich“ aufklären. Während der Spendenaffäre der Bundes-CDU habe der Bürgermeister noch vor einem Jahr erklärt, sein Landesverband habe mit schwarzen Kassen nichts zu tun. „Wer einmal so danebengelegen hat, dem glaubt man nicht“, fügte Klotz hinzu. RALPH BOLLMANN

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