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Birthler arbeitet an einem Kompromiss

Chefin der Gauck-Behörde will mit Richtlinie den Streit um Stasiakten entschärfen. Heute Treffen mit Abgeordneten

BERLIN taz ■ Unter Hochdruck wird in der Gauck-Behörde an einer Richtlinie gearbeitet, die bei der Herausgabe von Stasi-Akten zusätzliche Rechtssicherheit schaffen soll. Heute Vormittag wird es in Berlin zu einem Treffen der Bundesbeauftragten für das Stasi-Unterlagengesetz, Marianne Birthler, mit den Berichterstattern von SPD, Union, den FDP und Grünen des Bundestags-Innenausschusses kommen. Dabei werde es nicht allein, aber auch um die „Eckpunkte einer Richtlinie“ geben, sagte der Sprecher der Behörde, Christian Booß gestern gegenüber der taz.

Als nicht auszuschließen gilt, dass die Richtlinie noch vor dem Sommer von Birthler für ihre Behörde erlassen wird. Hintergrund für die Ausarbeitung der jetzigen Vorschläge ist der Streit um die Herausgabe der Stasi-Akten von Helmut Kohl. Gegen eine Veröffentlichung hat der Exkanzler vor geraumer Zeit Klage eingereicht, die am 4. Juli vor dem Berliner Verwaltungsgericht verhandelt wird. Kohl pocht auf seine Persönlichkeitsrechte und hält die Herausgabe von Material, das mit rechtswidrigen Methoden erworben wurde, für unzulässig.

Im Kern dreht sich Birthlers Richtlinie, deren Details noch nicht zur Gänze gelöst sind, um zwei Dinge: zum einen sollen Personen der Zeitgeschichte darüber informiert werden, wenn Journalisten bei der Behörde um Akteneinsicht angefragt haben. Dies war in der Vergangenheit nicht immer der Fall, worüber sich manche Betroffene, wie etwa Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner, beschwert hatten. Zudem will die Behörde stärker als bisher darauf achten, ob die Anfragen tatsächlich in einem nachvollziehbaren Zusammenhang mit dem Ziel einer Aufarbeitung der Stasitätigkeit stehen. In letzter Zeit, so Sprecher Booß, habe es eine „auffällige Häufung“ von journalistischen Anfragen gegeben, die offensichtlich weniger die Arbeit der Staatssicherheit, als vielmehr Vorgänge der früheren Bundesrepublik betreffen. Manche Details der Richtlinie gelten als komplex. So muss beispielsweise geklärt werden, wie mit jenen Fällen umgegangen wird, in denen keine Anschriften von Betroffenen mehr vorhanden sind.

Eine zentrale Frage ist das Spannungsverhältnis zwischen der Schutzwürdigkeit des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen und den Interessen der Allgemeinheit: Kann der Betroffene nach Erhalt der Information, dass seine Akten von Medien nachgefragt werden, sofort vor Gericht ziehen oder werden seine Einwände gegen eine Herausgabe nochmals von der Behörde angehört und erst dann entschieden? Gibt es eine Frist, in der der Betroffene seinen Einspruch gegen eine Aktenherausgabe geltend machen kann? Und wenn ja, wie lange währt die Frist? Über derartige noch zu lösende Probleme und den Zwischenstand jener „Eckwerte für eine Richtlinie“ will Birthler heute um 10 Uhr die Vertreter des Innenausschussses informieren.

SEVERIN WEILAND

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