piwik no script img

normalzeitHELMUT HÖGE über Hunde

Besinnliches zum Biss -und Beißtag

Das Forum war früher eine kritische Studentenzeitung der FDJ. Der Kommunarde, Bürgermeister und jetzige Windmühlen-Propagandist Gerd Großer und der allseits geschätzte heutige Blättchen-Herausgeber Wolfgang Sabath waren dort beispielsweise Redakteure. Irgendwann segelte das Forum jedoch politisch aus dem Ruder – und wurde eingestellt. Auch das in Heidelberg etwa zur gleichen Zeit herausgegebene Rote Forum, das nach einem Verbot Neues Rotes Forum hieß, gibt es schon lange nicht mehr. Dafür mühte ich mich in Bremen eine Zeit lang eitel damit ab, ein Neues Lotes Folum (mit Alfred Sohn-Rethels Hilfe) zu etablieren. Die Nummer 2 bezuschusste einer der vier Göttinger Mescaleros. Bevor der Impuls-Verlag ihm das Geld zurückgeben konnte, verübte er Selbstmord. Mit der NLF-Nummer 4 wurde das „Projekt“ eingestellt – bzw. über den Rotbuch-Verlag auf eine „Kammlagenkritik“ verlagert. Im Osten wurde die Wende dann – ziemlich glorios – u. a. vom „Neuen Forum“ eingeleitet, diese Gruppierung existiert jedoch auch nur noch als Büro um Reinhard Schult.

Nun gibt es aber wieder ein richtiges „Forum“ – und zwar die Zeitschrift Hunde-Forum. Es scheint ein Zeitgeist-Phänomen zu sein: Man geht nicht mehr vor, sondern hinter die Hunde, die Interspecies Communication ist heute so selbstverständlich wie früher die Völkerverständigung. Ja, statt mit Afrikanern, Russen und Chinesen „kommuniziert“ man inzwischen sogar lieber mit Delphinen, Pferden und Pavianen. Besonders heftig wogen die Pros und Contras beim Diskurs mit „unseren vierbeinigen Lieblingen“ hin und her, wie die SFB-Abendschau die City-Dogs nennt. Die kämpferische Katharina Rutschky veröffentlichte neulich ein ganzes Hunde-Buch – in dem ihr Cockerspaniel „Kupfer“, den ich übrigens persönlich kenne, eine zentrale Rolle spielt.

Andere richten dagegen ganze „Chat-Rooms“ ein, um über „Wölfe“ zu diskutieren. Lupus lupi homo est, wie die Lateiner unter uns wahrscheinlich nicht sagen würden. Ich will damit aber sagen: Das Wolf-Hund-Problem ist hochaktuell, bzw. immer wieder geht es um die Schwächung der gegnerischen Kräfte – durch Abspaltungen, die man dann gegen sie einsetzt. Das gelang dem KGB bei den Gewohnheitsverbrechern im Gulag und dann noch mal mit dem Nationalkomitee Neues Deutschland, wobei die andere – deutsche –Seite mit der Wlassowarmee konterte. Und das gelang den Amis mit den hündischen Contras gegen die wölfischen Sandinistas. Womit wir schon beim Thema wären: dem Hunde-Forum, denn dort spricht das Herrchen im Namen des Hundes – es ist also quasi ein Vollersatz für das ehemalige FDJ-Forum: nur diesmal aber aus dem Westen.

Das hört sich so an: „Er ist schnell beleidigt, dabei wollen wir doch nur sein Bestes“ (über einen Boxerrüden aus Halberstadt). „Sie ist sehr verwöhnt und auch zickig, aber das lieben wir gerade an ihr“ (über ein Pudelweibchen aus Peitz). „Er muß noch lernen, nicht die Hand zu beißen, die ihn füttert“ (über einen jungen Dobermann aus Ahlbeck). „Man muß viel Verständnis für ihn aufbringen und darf sich nicht leicht entmutigen lassen“ (über einen sibirischen Schlittenhund). „Als wir sie fanden, war sie völlig verwahrlost, jetzt müssen wir ihr nur noch das Unterwürfige austreiben“ (über eine Promenadenmischung aus einem pommerschen Tierasyl). „Man kann mit ihm wie mit einem richtigen Menschen reden, wenn man sich Mühe gibt“ (über einen afghanischen Windhund). „Von ihm haben wir mehr Deutsch gelernt als im Sprachkurs“ (ein russlanddeutsches Ehepaar über ihren Schäferhundrüden Sascha).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen