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Kirche kämpft in Karlsruhe

Bischof Huber fordert Religion in der Schule, SPD-Politiker verteidigen bekenntnisfreien „LER“-Unterricht in Brandenburg. Jetzt warten alle auf das Urteil der Verfassungsrichter

KARLSRUHE taz ■ „Auch in Brandenburg soll jeder Schüler in Zukunft wissen, was ein Kruzifix ist.“ Manfred Stolpe, der Brandenburger Landesvater, wirkte fest entschlossen, als er diesen Satz gestern vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe sagte. Obwohl er an dieser Stelle keinen Widerspruch befürchten musste. Denn darüber waren sich die Parteien im Verhandlungssaal einig: Glaube und Religion muss wieder eine Rolle spielen in der Erziehung. Über den Weg dahin bestand allerdings keine Einigkeit: Religionsunterricht oder bekenntnisneutraler Unterricht in „Lebensgestaltung, Ethik und Religionskunde“(LER)? Was soll künftig an den Schulen unterrichtet werden?

Seit mehr als zehn Jahren streitet man in Brandenburg, nun hat die Auseinandersetzung den Weg nach Karlsruhe gefunden. Die beiden Großkirchen, insgesamt fast 200 Brandenburger Eltern und Schüler und die CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben geklagt, weil sie das grundgesetzlich garantierte Recht auf Religion als ordentliches Lehrfach verletzt sehen.

Annegret Ortelt kennt als Mutter dreier Schulkinder die Situation in Brandenburg. Sie als Christin hält den schulischen Religionsunterricht für unbedingt erforderlich, „als Bestandteil einer umfassenden Erziehung“. Die Brandenburgerin ist überzeugt: „Lehrer, die niemals mit dem christlichen Glauben in Berührung gekommen sind, können das Pfingsfest oder einen Kirchenbau nicht erklären.“

Ihr Sohn Dominic, der ebenfalls nach Karlsruhe gekommen war, stimmte zu. Für ihn sind „LER und Religionsunterricht zwei Welten, die man nicht vereinbaren kann“.

Anders der Brandenburgische Bildungsminister Steffen Reiche (SPD). Früher selber Pfarrer, sieht er im außerschulischen Religionsunterricht eine Ergänzung zum laut Gesetz „bekenntnisneutralen“ LER-Unterricht. „Zwischen LER und Religion sollte es kein Entweder-Oder geben“, meinte der Minister.

LER fände Werte vor und könne sie weitergeben, so Reiche weiter. „Man kann zwar im LER-Unterricht die letzten Fragen des Lebens nicht beantworten, aber man kann zeigen, dass es diese letzten Fragen gibt und dass sie gestellt werden müssen.“ Und hier sieht Minister Reiche dann auch den Raum für ein Angebot der Kirchen.

Auf diese Randposition wollten sich die Kirchen jedoch nicht drängen lassen. Bischof Wolfgang Huber von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg sieht den Religionsunterricht als Teil der staatlichen Bildungsaufgabe.

Im Osten sei die mangelnde Kirchenbindung geschichtlich „ein kumuliertes Resultat aus Nationalsozialismus und SED-Herrschaft“, sagte der Kirchenmann. „Umso größer ist die Verpflichtung, die jüngere Generation aus der religiösen Ahnungslosigkeit zu führen“, fügte Huber noch hinzu.

Das Urteil der Karlsruher Richter, von dem auch grundsätzliche Ausführungen zum Verhältnis Kirche und Staat erwartet werden, könnte noch in diesem Jahr ergehen.

PEGGY FIEBIG

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