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religionsunterrichtGottvolle Klage, aber sinnlos

Werteerziehung ist angesichts der rechtsradikalen Übergriffe – gerade im Osten – zu einer beliebten Forderung geworden. Wenn jedoch, wie im Land Brandenburg, ein verbindliches Unterrichtsfach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) eingeführt wird, dann ist es auch wieder nicht recht. Gestern begann eine Anhörung des Bundesverfassungsgerichtes, weil Eltern, Kirchen und die CDU gegen LER geklagt hatten. Auch wenn vielleicht ein recht vernünftiges Urteil herauskommt (das Kruzifixurteil lässt hoffen), war der Weg zum Gericht der denkbar schlechteste.

Kommentarvon HENNING SCHLUSS

Schon heute gibt es an brandenburgischen Schulen fakultativen evangelischen Religionsunterricht. Katholische Unterweisung findet in den Gemeinden statt. Sie werden vom Staat zu 90 Prozent refinanziert – und wer daran teilnimmt, kann sich von LER abmelden. Aber nur 3,7 Prozent der SchülerInnen machen davon Gebrauch. Die Konfessionszugehörigkeit der Jugendlichen liegt jedoch bei etwa 15 Prozent. Die Zahlen zeigen, dass nicht einmal SchülerInnen, die einer Kirche angehören, auf LER verzichten wollen. Insofern könnte das Fach die Chance für alle bieten, die eigene Lebensgestaltung zu reflektieren.

Die evangelische und katholische Religion gehören als Thema zweifellos dazu. Aber nicht als einziger Zugang zur Frage, welche Werte gelten sollen. Denn mit welchem Argument könnte dieses Privileg der Ausschließlichkeit dann Muslimen, Zeugen Jehovas oder Bahai verweigert werden? Dem Berlin-Brandenburgischen Bischof Huber ist zuzustimmen, dass „der erste Ort des kirchlichen Bildungsauftrages die Gemeinden sind“ – und eben nicht die Schule.

LER hingegen sollte das Nachdenken und die Diskussion über Werteprobleme ermöglichen und fördern. Übrigens zeigen Studien, dass sowohl LER wie auch der traditionelle Religionsunterricht das Niveau der ethischen Begründungen von Schülern leicht erhöht. Insofern ist der Unterschied gar nicht so groß zwischen LER und einem Religionsunterricht, der ja schon längst nicht mehr die traditionelle Glaubensunterweisung mit Gebet und Sündenbekenntnis ist. Deshalb war der Gang zum Verfassungsgericht falsch. Nun bleibt nur zu hoffen, dass das Urteil so differenziert ausfällt, dass es die sinnlos streitenden Parteien wieder an einen Tisch bringt – denn die Sache, um die es geht, ist wichtig.

Wissenschaftlicher Assistent an der Humboldt-Universitätinland SEITE 6

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