: Bislang unbedenklich: Soja made in Brazil
Deutschland braucht Gentech-freies Tierfutter und fördert Brasiliens größten Sojaproduzenten. Für Kleinbauern bleibt der Anbau zu teuer
BRASNORTE taz ■ Links der schnurgeraden Straße nach Norden leuchten Tausende weißer Baumwollbausche. Rechts reichen die abgeernteten Sojafelder bis zum Horizont. Da taucht im Blickfeld ein lang gestrecktes, silbern glänzendes Silo auf.
Hier, zwischen Campo Novo dos Parecis und Brasnorte im Bundesstaat Mato Grosso, lagert die brasilianische Sojafirma „Sementes Maggi“ 70.000 Tonnen der eiweißhaltigen gelben Bohnen, die sie von den Bauern der Umgebung aufgekauft hat. Aus der Übergangszone zwischen der Cerrado-Savanne und dem Regenwald wird die Soja von firmeneigenen Lastwagen und Großkähnen zu den Exporthäfen am Amazonas gebracht. Die bundeseigene Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) hat den Bau des Silos unterstützt. Ende 2000 sagte die DEG der Maggi-Gruppe einen Kredit über 6 Millionen Dollar zu. Der Vertreter des Entwicklungshilfeministeriums im Aufsichtsrat habe dem Darlehen zugestimmt, sagt Thomas Kessler, der Leiter des DEG-Büros in São Paulo.
Als Alternative zum in Europa verbotenen Tiermehl, so die DEG, biete sich brasilianisches Sojaschrot an, da es nicht gentechnisch verändert sei. Durch das Darlehen wolle man Maggi „ermöglichen, die Chancen, die sich aus der wachsenden Nachfrage ergeben, zu nutzen“. In der Tat wurden von Januar bis April dieses Jahres über 3 Millionen Tonnen Sojaschrot aus Brasilien nach Europa exportiert – das sind 32 Prozent mehr als im Vorjahr.
Für die DEG wie für Maggi wird sich das Darlehen rechnen. Doch dass es „entwicklungspolitisch sinnvoll“ oder „ökologisch verträglich“ ist – so die Eigenwerbung der DEG –, darf bezweifelt werden. „Gerade die Maggi-Gruppe“ bilde die „Speerspitze beim Vordringen der größten Agrarfront aller Zeiten“ ins Amazonasbecken, meint Klemens Laschefski, BUND-Tropenwaldsprecher.
„Für die Kleinbauern ist der Sojaanbau zu teuer,“ bedauert Antenoide Simon von der örtlichen Landarbeitergewerkschaft in Brasnorte. Nur kapitalkräftige Produzenten können sich den Einsatz von Pestiziden und teuren Maschinen leisten, außerdem müssen die nährstoffarmen Böden mit Kalk angereichert werden. „Maggi hat eine Zukunft“, schwärmt dagegen der Agrardezernent Robson de Almeida. Seit 1994 habe sich die landwirtschaftliche Nutzfläche von Brasnorte um knapp die Hälfte ausgeweitet – auf heute 250.000 Hektar. Über die Hälfte davon besteht aus Sojafeldern.
Für Almeidas Kollegen Sérgio Stefanello aus Campo Novo ist es nur eine Frage der Zeit, dass Gensoja auch in Mato Grosso Einzug hält: „Bisher zahlen die Europäer in der Regel keinen Aufpreis für genfreies Soja – wie sollen wir da auf Dauer mit den Argentiniern oder den USA konkurrieren?“ Während die Produktion von Jahr zu Jahr wachse, fielen die Weltmarktpreise und damit die Gewinnspannen der Sojabauern.
Auch Brasiliens Regierung drängt seit Jahren auf eine Legalisierung von Gentech in der Landwirtschaft. Der Verbraucherverband IDEC und Greenpeace hatten im September 1998 einen gerichtlichen Stopp für Gensojaanbau erreicht. Die endgültige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wird noch in diesem Jahr erwartet. GERHARD DILGER
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