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S-Bahn mit Tempo 300

Die Bahn AG und das Land Nordrhein-Westfalen wollen eine Schwebebahn im Ruhrgebiet bauen. Der Metrorapid soll schon 2006 fahren und sieben Milliarden kosten. Clement: Ökonomisch und ökologisch sinnvoll. Zweifel von den Grünen

aus Frankfurt/M. K.-P. KLINGELSCHMITT

In China wird der Transrapid gebaut, in Deutschland soll eine Miniaturausgabe fahren: Ein „Metrorapid“ soll ab 2006 mit 300 km/h Höchstgeschwindigkeit die Städte Dortmund, Bochum, Essen, Duisburg und Düsseldorf miteinander verbinden. Davon jedenfalls träumen Bahnchef Hartmut Mehdorn und der Ministerpräsident von NRW, Wolfgang Clement (SPD). Fußballfan Clement will das „zukunftsfähige Personentransportsystem“ bis zur Fußball-WM 2006 in Deutschland auf die Schiene setzen: vom Westfalenstadion zum Ruhrstadion und dann zum Rheinstadion.

In diesem Jahr sei nämlich sei „die Welt“ zu Gast im Ruhrpott. Und der Metrorapid könne sich gleich „global empfehlen“. Der „Zug zwischen Himmel und Erde“ (Mehdorn) werde danach zum Exportschlager. Da ist sich Clement ganz sicher. Clement und Mehdorn jedenfalls unterzeichneten gestern in Frankfurt am Main schon einmal eine gemeinsame Erklärung, in der beide ihren festen Willen bekunden, die Entwicklung und Realisierung der NRW-Konzeption für den Metrorapid „zügig voranzutreiben“.

Bahn AG und Land wollen eine gemeinsame Planungsgesellschaft gründen, die „spätestens im Februar 2002“ auch die Projektleitung übernehmen soll. Zu diesem Termin nämlich soll eine Machbarkeitsstudie vorliegen. Auch da ist sich Clement ganz sicher: Das nordhein-westfälische Konzept werde von den Experten unter ökonomischen und auch ökologisch Gesichtspunkten – der Zug sei „extrem leise“ (Clement) – für umsetzbar erachtet.

Die Gesamtkosten schätzte Clement gestern auf rund 7 Milliarden Mark. Mehdorn rechnet mit Investitionskosten von 1,5 Milliarden Mark für den Bau des gesamten „Fuhrparks“. Anders als beim gescheiterten Projekt Transrapid, bei dem alleine der Trassenbau (Hamburg–Berlin) mit 6 Milliarden veranschlagt wurde, gehören die Grundstücke für die neue Trasse durch den Ruhrpott schon zu 90 Prozent der Bahn AG. Und neue Bahnhöfe für den Metrorapid müssten auch keine gebaut zu werden, so Mehdorn. Der „Superschnellzug“ (Clement) soll die bestehenden Bahnhöfe bedienen und als neues Verkehrsmittel auch in den ÖPNV Rhein-Ruhr integriert werden.

Einen Konflikt mit dem Koalitionspartner sieht Clement auch nicht auf die Landesregierung zukommen. Die Grünen seien von einem Transrapidtest „mit Begeisterung in unterschiedlicher Stärke“ zurückgekehrt, so Clement süffisant. Der verkehrspolitische Sprecher der Landetagsfraktion der Grünen, Peter Eichenseher, sagte dagegen gestern der taz, die Fraktion stehe dem Metrorapid „eher skeptisch“ gegenüber.

Zum einen sei noch nicht klar, ob NRW die in Berlin für ein Schwebebahnprojekt bereitliegenden Fördermittel in Höhe von rund 5 Milliarden Mark überhaupt alleine bekommen könne. Schließlich will auch Bayern einen kleinen Transrapid bauen: vom Flughafen bei Erding in die City von München und für „nur“ rund 3 Milliarden Mark. Und Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) werde dafür sicher auch Zuschüsse des Bundes beantragen. Aus Düsseldorf hieß es, die Wirtschaftsminister von NRW und Bayern würden sich in den nächsten Tagen zu diesem Thema zusammensetzen.

Den Starttermin 2006 halten dagegen sowohl Eichenseher als auch der Verkehrsexperte der Bundestagsfraktion der Grünen, Albert Schmidt, für „illusorisch“. Allein Planung und Planfeststellung dauerten vier Jahre, so Schmidt. „Zur WM 2006 werden wir der Welt dann wohl eine Großbaustelle präsentieren.“

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